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Wir waren wie Brüder: Roman Gebundene Ausgabe – 24. Januar 2022
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Er ist zehn, als in der DDR die Revolution ausbricht. Während sich viele nach Freiheit sehnen, hat er Angst: vor den Imperialisten und Faschisten, vor denen seine Lehrerinnen ihn gewarnt haben. Vor dem, was kommt und was er nicht kennt. Wenige Jahre später wird er wegen seiner langen Haare von Neonazis verfolgt. Gleichzeitig trifft er sich mit Rechten, weil er sich bei ihnen sicher fühlt. So sicher wie bei Mariam, deren Familie aus Georgien kommt und die vor gar nichts Angst hat. Doch er muss sich entscheiden, auf welcher Seite er steht. "Wir waren wie Brüder" ist eine drastische Heraufbeschwörung der unmittelbaren Nachwendezeit – und ein nur allzu gegenwärtiger Roman über die oft banalen Ursprünge von Rassismus und rechter Gewalt.
- Seitenzahl der Print-Ausgabe288 Seiten
- SpracheDeutsch
- HerausgeberHanser Berlin
- Erscheinungstermin24. Januar 2022
- Abmessungen13.3 x 2.5 x 20.8 cm
- ISBN-103446271074
- ISBN-13978-3446271074
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Produktbeschreibung des Verlags
Er ist zehn, als in der DDR die Revolution ausbricht. Während sich viele nach Freiheit sehnen, hat er Angst: vor den Imperialisten und Faschisten, vor denen seine Lehrerinnen ihn gewarnt haben. Vor dem, was kommt und was er nicht kennt. Wenige Jahre später wird er wegen seiner langen Haare von Neonazis verfolgt. Gleichzeitig trifft er sich mit Rechten, weil er sich bei ihnen sicher fühlt. So sicher wie bei Mariam, deren Familie aus Georgien kommt und die vor gar nichts Angst hat. Doch er muss sich entscheiden, auf welcher Seite er steht. "Wir waren wie Brüder" ist eine drastische Heraufbeschwörung der unmittelbaren Nachwendezeit – und ein nur allzu gegenwärtiger Roman über die oft banalen Ursprünge von Rassismus und rechter Gewalt.
5 Fragen an Daniel Schulz
Lieber Daniel, dein Roman heißt Wir waren wie Brüder – was bedeutet dieser Titel?
Im Buch geht es um Freundschaften zwischen Jungs, die ihren Ausdruck nach den Idealen der damaligen Zeit vor allem in unverbrüchlicher Loyalität finden sollte, es geht um Gewalt, Rivalitäten und politische Konflikte. Wir waren wie Brüder ist eine Zeile aus einem der bekanntesten Lieder der Böhsen Onkelz. In dem Ostdeutschland der 90er Jahre, in dem ich aufgewachsen bin, war das eine der am häufigsten gespielten Bands, ihre Musik ist für mich der Soundtrack dieser Zeit.
Was ist für dich das zentrale Thema deines Romans?
Das Aufwachsen von Jungen und jungen Männer in einer gewaltvollen Umgebung, von der sie geprägt werden, ob sie nun Neonazis sind oder nicht.
Wie würdest du deine Hauptfigur beschreiben?
Am Anfang des Romans ist er ein Idealist und Träumer, der immer auf der Seite des Guten stehen will und Ritter mag. Die DDR verkörpert für ihn dieses Gute, auf eine märchenlandhafte Art und Weise. Im Laufe des Buches entwickelt er sich zu einem Opportunisten, der so gut es geht durch seine Jugendzeit kommen möchte. Er ist von Gewalt fasziniert und fühlt sich zu vermeintlich stärkeren Männern hingezogen, zu solchen, von denen er glaubt, sie könnten ihn beschützen. Was er sich trotz dieses Opportunismus bewahrt, ist eine Widerständigkeit gegen rechtsextreme Überzeugungen.
Wir waren wie Brüder ist dein Debüt. Hattest du immer schon den Plan, einen Roman zu schreiben oder war es eher das Thema, das sich dir irgendwann aufgedrängt hat?
Als Junge und auch als Jugendlicher hatte ich den vagen Traum, Schriftsteller zu werden, damals habe ich ein paar Kurzgeschichten geschrieben. Aber die 90er Jahre habe ich als eine langjährige Androhung von Unsicherheit und Arbeitslosigkeit erlebt. Es kam für mich also nicht in Frage, einer brotlosen Kunst nachzugehen, zumal die finanzielle Situation meiner Eltern lange prekär war. Sie hätten mich nicht unterstützen können, wenn ich gescheitert wäre. Also habe ich etwas studiert, das mit Schreiben zu tun hatte, aber für das es auch eine ordentliche handwerkliche Ausbildung gab – Journalismus.
Du arbeitest schon seit vielen Jahren als Journalist. Wie sehr unterscheidet sich das journalistische vom literarischen Schreiben?
Journalismus hat klar definierte Ansprüche: intersubjektive Überprüfbarkeit, Aufklärung und Aufdeckung. Literatur kann solche Ziele ebenfalls haben, man darf es aber nicht merken.
Produktbeschreibungen
Pressestimmen
„Wenn ein Roman im Jahr 2022 rückblickend vom Aufwachsen im Brandenburg der Wende- und Nachwendezeit erzählt, wenn er dabei schonungslos sein möchte, brutal ehrlich und ehrlich brutal, dann erscheint jene Triggerwarnung, die Daniel Schulz’ ‚Wir waren wie Brüder‘ vorangestellt ist, nahezu zwingend… Dass Daniel Schulz dieses Zitat aus dem Böhse Onkelz Song ‚Danke für nichts‘ einbaut, zeigt, wie sehr sein Roman auch als Spiegel der Gegenwart funktioniert. Das ist die eigentliche Triggerwarnung, die diesem schonungslos offenen Debütroman gerecht wird. ‚Wir waren wie Brüder‘ spricht, während die Wirklichkeit schweigt. Und das ist schlichtweg bemerkenswert.“ Jan Drees, Deutschlandfunk, 02.02.22
„Schulz erzählt enorm feinfühlig, er weiß, wie Raufasertapete kribbelt, wenn man zu lange mit den Fingern darübergleitet, und er weiß, wie sich Verliebtsein anfühlt, wenn man noch nicht so genau weiß, was das ist … Solche Details, herrlich klar, liebevoll und unprätentiös aufgeschrieben, machen dieses Buch zu einer Erlebnisreise. … Schulz gibt seinen Lesern keinen Geschichtsunterricht und kein Soziologieseminar mit an die Hand. Und an keiner Stelle ist das nötig. Das individuelle Erleben entfaltet sich allein durch Sprachmagie zur Erzählung einer Generation, die so unmittelbar nachvollziehbar bleibt, dass es schaurig ist.“ Konstantin Nowotny, Der Freitag, 10.02.22
„Ein brutales, aber ehrliches Buch […] Wo kommt sie her, diese Brutalität, dieser Hass, diese Wut? Woher das Weglaufen, Verstecken, Verschleiern? So ein Roman ist wichtig, auch noch Jahrzehnte nach der Wende.“ Ute Krebs, Freie Presse, 12.03.22
„Es könnten Szenen aus einem Film von Éric Rohmer sein, Hitze, Sonne, ein Badesee in Brandenburg – wären da nicht die Glatzen und die Gewalt. ... Mit solch lakonischem Witz schreibt nur, wer dabei war – und lange selbst nicht wusste, auf welche Seite er sich schlagen soll. Zwar ließ Schulz eigene Recherchen einfließen. Wesentlicher ist, dass er für diese Geschichte eine literarische Stimme fand. Und Bilder, die man nicht so schnell vergisst.“ Arno Frank, Der Spiegel, 19.02.22
„Darin liegt die Stärke dieses Buchs: dass er allen, die nicht dabei waren – und viele, die heute Politik gegen Rechts machen, waren nicht dabei –, erzählen kann, wie es war. [...] Es zeigt den deutsch-deutschen Transformationsprozess aus Sicht von Jugendlichen […]. Und es erzählt von Eltern, die entweder depressiv werden oder pragmatisch umschulen. [...] Eines der eindrücklichsten Bücher über die Baseballschlägerjahre“ Julian Streich, Missy Magazine, 15.03.22
‚Wir waren wie Brüder‘ ist ein Buch über Opportunismus und mangelnde Alternativen, über den Frust der arbeitslosen Erwachsenen, toxische Männlichkeit, die vermeintlichen Schutz bietet, auch über den Rausch von Gewalt. Sprachlich findet Schulz einen überzeugend atemlosen Sound.“ Karin Cerny, profil, 10.07.22
„Mit starken Bildern erzählt der Journalist vom Aufwachsen mit rechter Gewalt im politischen Vakuum der Transformationszeit.“ Deutschlandfunk Kultur, 09.02.22
„Was ich am eindringlichsten fand: dass wir merken, dass die Gewalt nach und nach die Charaktere dieser Figuren formt, nicht nur des Helden, auch die seiner Freunde, und dass die Gewalt die einzige Möglichkeit ist, um überhaupt noch Grenzen zu spüren.“ Elke Schlinsog, Deutschlandfunk Kultur, 09.03.22
„Was den Roman so stark macht, ist nicht allein der unzensierte Jugendsound aus dem wilden Osten, in dem sich eine bis dahin zwangshomogenisierte Gesellschaft in atemberaubender Geschwindigkeit fragmentiert, in Gewinner und Verlierer, in Opfer und Täter, in Weggezogene und Hiergebliebene. Nein, die besondere Qualität des Textes ist seine brutale Offenheit. Schulz schont keinen, aber er lässt jedem einen Rest Würde.“ Martin Debes, Thüringer Allgemeine, 22.02.22
„‘Wir waren wie Brüder‘ hatte mich wachliegen lassen, ich wollte weiterlesen und konnte dann vor Beklommenheit nicht einschlafen.“ Hanna Engelmeier, Merkur, März 22
„Schulz berichtet von der Angst, plötzlich zur Zielscheibe zu werden, von den Strategien der Anpassung, um nicht aufzufallen, dem unterwürfigen Opportunismus, um dazuzugehören und im Fall der Fälle auch von der richtigen Fraktion beschützt zu werden. … Es ist dieses Klima der Angst, das viele Jahre verdrängt wurde und das eine ganze Generation prägte. Daniel Schulz erzählt uns davon. Aus einer Zeit, in der möglicherweise so manches passierte, was bis heute nachwirkt. Es wird Zeit, sich mit den 90er-Jahren, diesem Jahrzehnt der Hoffnungen und Enttäuschungen, ausführlicher zu beschäftigen.“ Mathias Richter, Märkische Allgemeine Zeitung, 03.02.22
„Vor drei Jahren hat Daniel Schulz mit einem Essay, der ebenfalls ‚Wir waren wie Brüder‘ hieß und von seiner eigenen Jugend im ländlichen Brandenburg handelte, gleich zwei wichtige Journalistenpreise gewonnen. … Nun erzählt er die Geschichte noch einmal, länger, literarischer, in seinem ersten Roman. Er hat eine andere Stimme dafür gefunden, jünger und zarter als im Essay, die Stimme eines Heranwachsenden, die sogar noch ein bisschen nach Brandenburg klingt. Man folgt ihr gern durch die Zeit.“ Wiebke Hollersen, Berliner Zeitung, 21.02.22
„Es ist ein nachdenklich stimmender Roman. Einer, der allen, die nicht dabeigewesen sind, zu erklären vermag, wie in den 1990er-Jahren mancherorts Rechtsextreme zum Mainstream wurden. Schulz erzählt ohne Hass und ohne erhobenen Zeigefinger.“ Boris Kruse, Märkische Oderzeitung, 22.02.22
„Die Unmittelbarkeit des Erzählens wühlt auf, zumal wenn man aus dem Osten stammt und Kinder hatte.“ Irmtraud Gutschke, Neues Deutschland, 16.08.22
„Hier berichtet kein wissender Erzähler aus der Distanz. Hier steckt einer mittendrin im Schlamassel. … Daniel Schulz trifft den frotzelnden, rotzigen Jugendjargon der Neunzigerjahre gut.“ Karin Grossmann, Sächsische Zeitung, 10.02.22
„Daniel Schulz berichtet von der Angst, plötzlich zur Zielscheibe zu werden, von den Strategien der Anpassung, um nicht aufzufallen, dem unterwürfigen Opportunismus […]. Er umreißt den geringen Spielraum möglicher Abweichung vom rassistischen Mainstream, der bleibt […] Es ist dieses Klima der Angst, das viele Jahre verdrängt wurde und das eine ganze Generation prägte. Daniel Schulz erzählt uns davon.“ Matthias Richter, Dresdner Neueste Nachrichten, 11.02.22
Buchrückseite
Er ist zehn, als in der DDR die Revolution ausbricht. Während sich viele nach Freiheit sehnen, hat er Angst: vor den Imperialisten und Faschisten, vor denen seine Lehrerinnen ihn gewarnt haben. Vor dem, was kommt und was er nicht kennt. Wenige Jahre später wird er wegen seiner langen Haare von Neonazis verfolgt. Gleichzeitig trifft er sich mit Rechten, weil er sich bei ihnen sicher fühlt. So sicher wie bei Mariam, deren Familie aus Georgien kommt und die vor gar nichts Angst hat. Doch er muss sich entscheiden, auf welcher Seite er steht. "Wir waren wie Brüder" ist eine drastische Heraufbeschwörung der unmittelbaren Nachwendezeit - und ein nur allzu gegenwärtiger Roman über die oft banalen Ursprünge von Rassismus und rechter Gewalt.
Über den Autor und weitere Mitwirkende
Produktinformation
- Herausgeber : Hanser Berlin
- Erscheinungstermin : 24. Januar 2022
- Auflage : 2.
- Sprache : Deutsch
- Seitenzahl der Print-Ausgabe : 288 Seiten
- ISBN-10 : 3446271074
- ISBN-13 : 978-3446271074
- Abmessungen : 13.3 x 2.5 x 20.8 cm
- Amazon Bestseller-Rang: Nr. 911.403 in Bücher (Siehe Top 100 in Bücher)
- Nr. 287 in Gesellschaftsromane
- Nr. 416 in Biografien & Faction-Prosa
- Nr. 931 in Deutsche Literatur
- Kundenrezensionen:
Informationen zum Autor

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Rezensionen mit Bildern
Ein Buch über das Erwachsenwerden in einer Zeit, in über Nacht alle Gewissheiten verschwunden waren
Spitzenrezensionen aus Deutschland
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- Bewertet in Deutschland am 29. Juli 2022Formatieren: Gebundenes BuchVerifizierter KaufWas dieses Buch auf KEINEN Fall ist: LANGWEILIG!!!!
Die Figur des Protagonisten wird sehr schön erzählt, mit im Kopf wieder lebendig werdenden Bildern und sie wird beinahe zärtlich entwickelt, trotz ihrer widrigen Umstände.
Ein unglaublich schönes Buch mit einer Sprache die ich schon längst vergessen hatte.
Auch wenn ich aus dem sogenannten Osten stamme und vielleicht deshalb so gut verstehe worüber der Autor schreibt, ist es dennoch ein Buch für ALLE die wissen wollen wie es wirklich den Jugendlichen nach der Politischen Wende in der ehemaligen DDR erging,
nicht Allen aber vielen...zu vielen.
- Bewertet in Deutschland am 27. März 2022Formatieren: Gebundenes BuchVerifizierter KaufNach der Wende machte sich in der DDR offensichtlich resignierende Unlust breit, die Bürger sind frustriert, ratlos, ohne Aufbruchstimmung und Elan - politische Leere wie im damaligen Westen.
Die gewöhnliche Alltagssprache ist langweilig und ermüdend, aber verblüffende Vergleiche und Bilder versöhnen.
Von rechter Gewalt (Schlagwort: Baseballschlägerjahre) wir nur berichtet, ich vermisse ein wenig Tiefe und Analyse. Schon in der DDR gab es nach der Studie "AG Skinhead" rd. 15000 Neonazis in ca. 200 Gruppen. "Die Wiedervereinigung funktionierte nirgends so gut wie bei den Neonazis", sagt Hasselbach. Im Westen waren zu der Zeit Rechtsextremismus und Rassismus fast paradigmatisch an den Nazismus gekoppelt und wurden verharmlost. Eine nennenswerte Rassismusforschung gab es nicht, jetzt bemüht man sich wenigstens.
Der Sozialwissenschaftler Johannes Zuber kam in seiner 2015 veröffentlichten Studie zu dem Schluss, dass der gegenwärtige Rassismus in Deutschland kein Randphänomen darstelle, wie dies Politik und gesellschaftliche Eliten überwiegend behaupteten, sondern wieder ein Bestandteil des Lebensalltags in der deutschen Gesellschaft sei.
Insofern ist der Beitrag des Autors brandaktuell!
- Bewertet in Deutschland am 29. Januar 2022Formatieren: Gebundenes BuchVerifizierter KaufEin schnörkelloser Roman über das Erwachsenwerden in einer Zeit, in der jede Wahrheit der Kindheit plötzlich nichts mehr galt.
Ein Buch über Familie, Ideale, Freundschaft in einem Klima der allgegenwärtigen Gewalt, vermeintliche Männlichkeit und die erste Liebe.
Wunderbar geschrieben. Authentisch bis in die Haarspitzen.
Auf jeden Fall sehr lesenswert!
5,0 von 5 SternenEin schnörkelloser Roman über das Erwachsenwerden in einer Zeit, in der jede Wahrheit der Kindheit plötzlich nichts mehr galt.Ein Buch über das Erwachsenwerden in einer Zeit, in über Nacht alle Gewissheiten verschwunden waren
Bewertet in Deutschland am 29. Januar 2022
Ein Buch über Familie, Ideale, Freundschaft in einem Klima der allgegenwärtigen Gewalt, vermeintliche Männlichkeit und die erste Liebe.
Wunderbar geschrieben. Authentisch bis in die Haarspitzen.
Auf jeden Fall sehr lesenswert!
Bilder in dieser Rezension
- Bewertet in Deutschland am 11. November 2023Formatieren: TaschenbuchVerifizierter KaufNaja ... es liest sich wie das private Tagebuch eines sehr mediokren Teenagers, das man in irgendeiner Flohmarktkiste gefunden hat.
Die Story hat Potential, der Stil erinnert an die lakonisch-ziellose Jugendliteratur der 90er Jahre.
Ich würde es nicht weiterempfehlen, wer jedoch nach etwas zwischen Jugendbuch und Gewaltphantasie sucht, der ist mit dem Buch sicher gut beraten.
- Bewertet in Deutschland am 18. Dezember 2024Formatieren: Gebundenes BuchVerifizierter KaufBücher zu bewerten ist immer schwierig. Ich konnte alles verstehen und fand es gut.
- Bewertet in Deutschland am 5. August 2022Formatieren: Gebundenes BuchDaniel Schulz‘ Roman reiht sich nicht nur thematisch zwischen Clemens Meyers gefeierter Wendeerzählung „Als wir träumten“ und Christian Bangels lakonisch-treffsicherem „Oder Florida“ ein. In allen drei Geschichten geht es um die spätere Jugend in der ehemaligen DDR, um Zecken (Linke bzw. Hausbesetzer) und Glatzen (Nazis), um viel Gewalt und einiges an Alkohol und anderen Drogen, um die Orientierungslosigkeit, um kulturelle, soziale und politische Veränderungen, um den Umgang mit der Elterngeneration - und um die Liebe. Bei Meyer war es erst Kati, die jedoch in den Westen davonmachte, und dann Estrellita, die im Puff landete, bei Bangel war es eine Nadja, die ebenfalls nach Berlin abgehauen ist, bei Schulz heißt sie Mariam. Diese Frauen und die Kumpels, mit denen man die Tage und Abende verbringt, das ist das Personal, das sich auf den üblichen Feldern bewegt, in der Schule, der Kneipe, am See, auf der Bude, im Freizeitheim, im Bus oder Auto. Der Rest ist Geschichte. Deutsche Geschichte, drumherum und mittendrin, kaum bewältigte Geschichte, die immer wieder erzählt werden will, unterschiedlich gut und zwingend – sie handelt von einer Generation, deren Adoleszenz der Mauerfall mit voller Wucht traf. Seinerzeit hat mir „Als wir träumten“ nicht so den Stecker gezogen, um mit Herrndorf zu sprechen, dafür fand ich „Oder Florida“ klasse, das aber kaum jemand gelesen hat. Bei Daniel Schulz bin ich ein bisschen unentschieden.
Er tritt als Ich-Erzähler auf, die Geschichte beginnt rund um die Wende, die Figuren gehen alle in die Oberschule, irgendwo im Brandenburgischen. Sie sind noch ziemlich jung, zehn oder elf, der Schulwechsel hat gerade erst stattgefunden oder steht unmittelbar bevor, und alles andere wechselt auch, aber das kommt im Hinterland erst allmählich an. Schon zu diesem Zeitpunkt ist die Hauptfigur mit Mariam befreundet, woraus später Schwärmerei wird und viel später eine komplizierte Beziehung. Mariam kommt aus Georgien, aber sie erzählt jedes Mal eine andere Geschichte über ihre Familie, wenn das zum Gesprächsthema wird. Wir lernen jetzt außerdem die anderen Jungs kennen, die nicht immer gut zu unterscheiden sind. Der Ich-Erzähler wird sich allmählich - und mit Mariams Unterstützung - zu einem langhaarigen, nonkonformistischen, im direkten Umfeld aber nicht sonderlich rebellischen Typen entwickeln, die anderen Jungs überwiegend zu Nazis oder Verbrechern oder beidem; die Grenzen sind da ja ohnehin fließend. Diese Entwicklung befremdet ihn immer mehr, wird zu einem wachsenden Problem, aber doch nicht so sehr, dass es für strikte Distanzierung reichen würde. Die erfolgt erst viel später, auch mit diesem Text. Bis dahin spielt sich viel davon nur im Kopf der Hauptfigur ab.
„Wir waren wie Brüder“ basiert auf einem gleichbetitelten Essay, das Schulz, der Journalist ist, für die taz geschrieben hatte. Es ist leicht und direkt erzählt, schnörkellos und episodisch, wobei die Episoden unterschiedlich präzise pointiert sind, wenn überhaupt. Ohne die Liebesgeschichte würde der Text vermutlich einen Gutteil seiner Ausstrahlung verlieren, wäre es tatsächlich ein langes Essay. Außerdem ist das Thema „Wie gehe ich mit Nazis in meinem direkten sozialen Umfeld um?“ inzwischen auch facettenreich und durch alle gesellschaftlichen Schichten diskutiert und kulturell verwurstet worden; Schulz liefert nicht wirklich neue, aber sehr persönliche Aspekte, bleibt etwas unentschlossen, wie seine - vermutlich autobiografische - Hauptfigur. Das gilt auch für das Dramaturgische der Erzählung, die arm an Höhepunkten ist und bruchstückhaft daherkommt. Aber die sympathische, offene und dynamische Erzählweise rettet den Text, der zwar kaum nachhallt, während der Lektüre allerdings durchaus Wärme verströmt und Freude macht. In der Meyer-Bangel-Liga sehr gutes Mittelfeld.




