Am Sonntag machte Thomas Gottschalk seine Krebsdiagnose öffentlich. Es handelt sich bei der Erkrankung des Moderators um ein sogenanntes epitheloides Angiosarkom – eine seltene, aber sehr aggressive Krebsart.
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Was ist ein epitheloides Angiosarkom?
Das Angiosarkom wird den Weichgewebesarkomen zugeordnet und ist eine bösartige Form des Gefäßtumors, der meist schnell wächst. Gefäßtumore entwickeln sich aus Endothelzellen, diese Zellen bilden die Wände der Blut- oder Lymphgefäße.
Angiosarkome entstehen häufig im Bindegewebe unter der Haut, können jedoch auch in anderen Körperregionen und in inneren Organen auftreten, da Blutgefäße beinahe überall im Körper vorkommen, wie Susanne Weg-Remers vom Deutschen Krebsforschungszentrum im Gespräch mit unserer Redaktion erklärt.
Insbesondere nach einer Bestrahlung aufgrund einer anderen Krebserkrankung kann das Risiko für Angiosarkome erhöht sein. "In dem Bereich, der bestrahlt wurde, kann es in seltenen Fällen mit mehreren Jahren Verzögerung zu einem Angiosarkom kommen", sagt Weg-Remers. Der Ärztin zufolge wird bei einer Strahlentherapie der Nutzen im Vergleich zu dem Risiko, an einem Angiosarkom zu erkranken, abgewogen.
Bei Thomas Gottschalk handelt es sich seinen Angaben zufolge um ein epitheloides Angiosarkom. Diese stellen eine seltene Untergruppe der Angiosarkome dar, die durch ihre Zusammensetzung charakterisiert ist. "Typischerweise enthält der Tumor auch solide Gewebeschichten von epithelartigen Zellen. Epithel – das ist der Fachbegriff für die Deckzellschichten in unserem Körper", erklärt Weg-Remers.
Wer ist vermehrt betroffen?
Im Allgemeinen sind Sarkome im Vergleich zu Lungen- oder Brustkrebs relativ selten. Pro Jahr erkranken in Deutschland etwa fünf bis sechs von 100.000 Einwohnern neu an einem Weichteilsarkom. In Österreich sind es etwa 2,4 pro 100.000 Einwohner, in der Schweiz einer von 100.000.
Angiosarkome sind nochmal weitaus seltener und machen nur einen Bruchteil der Weichgewebesarkome aus, wie auch Susanne Weg-Remers bestätigt. Sie treffen meist ältere Menschen im Alter von über 70 Jahren; die noch seltenere epitheloide Variante tritt überwiegend bei Männern auf.
Welche Symptome treten auf?
Patienten und Patientinnen mit Angiosarkomen haben in der Regel lange Zeit keinerlei Beschwerden. Ein erstes und vielleicht auch einziges Symptom kann ein Knoten oder eine Schwellung sein.
"Die Symptomatik kann sehr vielfältig sein, je nachdem, wo der Tumor sitzt", sagt Weg-Remers. Charakteristische Symptome gibt es also kaum, die Schwellung bemerken Betroffene oft erst sehr spät und auch Blutungen oder Schmerzen treten meist erst spät auf. Das hat zur Folge, dass Sarkome oft sehr spät diagnostiziert werden.
Verdacht auf ein Sarkom besteht der Deutschen Krebshilfe zufolge bei:
- allen Weichgewebeschwellungen, die größer als 3 Zentimeter im Durchmesser sind
- allen neu entstandenen Weichgewebeschwellungen
- allen Weichgewebeschwellungen, die sich in den tiefen Hautschichten befinden
- allen schnell wachsenden Weichgewebeschwellungen
- allen tiefen, großflächigen Blutergüssen (Hämatomen), die ohne Verletzung entstanden sind
Weg-Remers ergänzt, dass Verfärbungen der Haut ebenfalls ein Hinweis sein können. Sie weist darauf hin, dass Veränderungen im Körper, die sich nicht innerhalb von wenigen Wochen von alleine wieder zurückbilden, ein Signal für Krebs sein können und von einem Arzt oder einer Ärztin abgeklärt werden sollten.
Allgemeine Tumorsymptome können zum Beispiel sein:
- Appetitlosigkeit beziehungsweise vorzeitiges Sättigungsgefühl
- Gewichtsabnahme (zum Beispiel mehr als 10 Prozent des Körpergewichtes, oftmals ohne erkennbare Ursache)
- allgemeine Schwäche und Leistungsabfall
- Schmerzen (Tumor drückt zum Beispiel auf Nerven oder umliegende Organe)
- Blutarmut (Anämie)
- Symptome bei Tumoren im Magen-Darm-Bereich könnten beispielsweise sein: Völlegefühl, Schmerzen (Stiche), Blutungen (Teerstuhl), Übelkeit, Verstopfung
Wie läuft die Diagnostik ab?
Mithilfe von bildgebenden Verfahren kann die Ausbreitung des Angiosarkoms bestimmt werden; dazu zählen Ultraschall, Computertomografie (CT) oder Magnetresonanztomografie (MRT).
Durch eine anschließende Gewebeentnahme (Biopsie) kann die Diagnose gesichert werden. Welche Auslöser es für epitheloide Angiosarkome gibt, ist nicht ganz klar. Sicher ist nur, dass sie durch DNA-Veränderungen in den Endothelzellen entstehen.
Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es?
Betroffenen wird empfohlen, sich an zertifizierte Sarkomzentren zu wenden. Diese sind auf diese seltene Krebsform spezialisiert, die Fachärzte dort können am ehesten einen geeigneten Therapieplan erstellen; das erhöht die Heilungschancen.
Je nach Subtyp erfolgt eine andere Behandlung. Die wesentlichen Ansätze der Behandlung von Weichgewebesarkomen bestehen aus Operation, Bestrahlung und medikamentöser Therapie (Chemotherapie und zielgerichtete Therapie).
Sofern epitheloide Angiosarkome örtlich begrenzt sind, sollten sie operativ entfernt werden. Im Anschluss erfolgt unter Umständen eine Bestrahlung und möglicherweise eine Chemotherapie.
Wie sind die Überlebenschancen?
Die Chance auf Heilung hängt von der Ausbreitung des Tumors bei Diagnosestellung ab. Laut der Deutschen Sarkom-Stiftung liegt die 2-Jahres-Überlebensrate bei erstmalig auftretenden Angiosarkomen bei etwa 70 Prozent. Kommt es zu einem erneuten Tumorwachstum am ursprünglichen Ort, sinkt sie auf rund 30 Prozent. Sind bereits Metastasen vorhanden, beträgt die 2-Jahres-Überlebensrate nur noch etwa 13 Prozent.
Die wichtigsten Faktoren für die Überlebenschancen sind die Tumorgröße und die Tiefe, in die der Tumor bereits ins Gewebe eingedrungen ist. Zudem kommt es auf den Bereich an, in dem das Angiosarkom liegt, wie Weg-Remers erklärt. "Es ist nicht ausgeschlossen, dass es eine Heilung gibt, aber entscheidend ist eine frühe Diagnose."
Über die Gesprächspartnerin
- Dr. Susanne Weg-Remers leitet den Krebsinformationsdienst des Deutschen Krebsforschungszentrums, eine Abteilung, die Anfragen von Patienten, Angehörigen und interessierten Bürgern rund um das Thema Krebs beantwortet.
Verwendete Quellen
- Telefonisches Interview mit Dr. Susanne Weg-Remers
- "Leitlinienprogramm Onkologie" der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e. V. (AWMF), der Deutschen Krebsgesellschaft e. V. (DKG) und der Stiftung Deutsche Krebshilfe: "Weichgewebesarkome bei Erwachsenen. Eine Leitlinie zur Diagnostik, Therapie und Nachsorge" (PDF zum Download)
- sarkome.de: Das sollten Sie über das Angiosarkom wissen
- varisano.de: Klinikum Frankfurt Höchst: Sarkomzentrum
- cancerreaserchuk.org: Types of soft tissue sarcomas
- onkopedia.com: Weichgewebssarkome (maligne Weichgewebstumoren) des Erwachsenen
- apotheken-umschau.de: Epitheloides Angiosarkom – Ursache, Behandlung und Prognose
- bild.de: Thomas Gottschalk: "Mein Krebs ist leider sehr aggressiv" (Bezahlinhalt)
Redaktioneller Hinweis
- Die Informationen in diesem Artikel ersetzen keine persönliche Beratung und Behandlung durch eine Ärztin oder einen Arzt.