Die CSU stellt mit Alois Rainer den neuen Landwirtschaftsminister. Jetzt gebe es "wieder Leberkäs statt Tofu-Tümelei", hatte Parteichef Markus Söder die Personalie im April kommentiert. Doch der wissenschaftliche Beirat des Ministeriums fordert jetzt von der Politik, mehr Anreize für den Kauf von nicht-tierischen Ersatzprodukten zu schaffen.
Der wissenschaftliche Beirat des Landwirtschaftsministeriums sieht in pflanzlichen Alternativen zu Produkten aus Fleisch, Milch und Eiern ein "erhebliches Potenzial" für eine nachhaltigere Landwirtschaft und eine gesündere Ernährung. So steht es in einem 393 Seiten starken Gutachten, das das Gremium am Dienstag veröffentlicht hat.
Die 16 ehrenamtlich und unabhängig arbeitenden Professorinnen und Professoren aus den Bereichen Landwirtschaft, Ernährung und Verbraucherschutz empfehlen der Bundesregierung deshalb unter anderem:
- Die Ungleichbehandlung bei der Mehrwertsteuer "baldmöglichst" zu beenden. Derzeit gilt für viele Ersatzprodukte der volle Satz von 19 Prozent, für Fleisch und Milch hingegen der reduzierte Satz von sieben Prozent.
- Eine verpflichtende Lebensmittelkennzeichnung, wie sie etwa der derzeit freiwillige Nutri-Score bietet, damit Verbraucher den Nährwert eines Produkts schnell erfassen können.
- Die Einführung eines staatlichen Klimalabels, das den "Wandel zu einem stärkeren Konsum von Alternativprodukten mit niedrigerem Klimafußabdruck" unterstützt.
Die Experten haben ihr Gutachten mit dem Titel "Mehr Auswahl am gemeinsamen Tisch" überschrieben und rufen die Politik ausdrücklich dazu auf, "den gesellschaftlichen Dialog zu Alternativprodukten zu versachlichen". Ob sich Markus Söder davon angesprochen fühlen wird?
Der bayerische Ministerpräsident und CSU-Chef hatte die Nominierung des CSU-Manns Alois Rainer als Bundeslandwirtschaftsminister im April mit den Worten kommentiert: "Jetzt gibts wieder Leberkäs statt Tofu-Tümelei." Statt des grünen Vegetariers Cem Özdemir komme jetzt der "schwarze Metzger", so Söder mit Blick auf Rainers Vorgänger, Rainers Parteibuch und Rainers Karriere. Denn der ist gelernter Metzgermeister. Seine Familie führt im Bayerischen Wald einen Gasthof, zu dem bis vor kurzem eine eigene Metzgerei gehörte.
Leberkäs oder Tofu? Er wolle den Konsumenten keine Vorgaben machen, erklärt Rainer am Dienstag als Reaktion auf das Gutachten. "Verbraucher sollen nach ihren Präferenzen entscheiden können und jeweils ein gutes Angebot vorfinden." Bei der Auswahl wolle er die Verbraucher "durch Information und klare Kennzeichnung unterstützen". Der Koalitionsvertrag sehe vor, den heimischen Anbau von Eiweißpflanzen sowie die Entwicklung und Markteinführung nachhaltiger alternativer Proteine zu stärken.
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Forscher raten zu Verzicht auf rotes Fleisch und Wurst
Die Forscher gehen einen Schritt weiter als Rainer und werben dezidiert dafür, weniger tierische Produkte zu essen. "Reduce, Remix & Replace" heißt ihre Strategie, sprich: Sie empfehlen, Fleisch- und Milchprodukte zu reduzieren und sie mit pflanzlichen Lebensmitteln zu ergänzen oder ganz zu ersetzen. "Weniger rotes Fleisch und insbesondere weniger Fleischprodukte wie Wurstwaren" zu konsumieren, sei aus ernährungswissenschaftlicher Sicht sinnvoll. Gerade für vulnerable Gruppen – etwa Kinder, Alte und chronisch Kranke – sei es jedoch wichtig, dass sie bestimmte Nährstoffe zu sich nehmen. Daher die Forderung nach aussagekräftiger Kennzeichnung.
Pflanzliche Alternativen auf Basis von Soja, Getreide oder Gemüse können aus Sicht des Beirats dabei helfen, den Konsum tierischer Produkte zu reduzieren. Wenn es im Supermarktregal, in Restaurants und Kantinen Alternativen zur Fleisch und Milcherzeugnisse gebe, komme das Umwelt und Gesundheit zugute. "Eine positive Haltung gegenüber tierischen Produkten schließt Offenheit für Alternativen nicht aus."
Verwendete Quellen:
- "Mehr Auswahl am gemeinsamen Tisch": Gutachten des Wissenschaftlichen Beirats für Agrarpolitik, Ernährung und gesundheitlichen Verbraucherschutz vom 22. Juli 2025
- Pressemitteilung des Bundeslandwirtschaftsministeriums zu: "Wissenschaftlicher Beirat übergibt Gutachten über Alternativprodukte zu tierischen Lebensmitteln"
- dpa