Was war das für eine skurrile WM-Auslosung! Mittendrin die Verleihung des ersten FIFA-Friedenspreises an US-Präsident Trump, der sich seine Medaille selbst umhängt. Diese WM ist schon jetzt politisch – auch wenn der DFB das nicht erkennen mag.
Die WM-Auslosung mit all ihren Skurrilitäten wirkt nach, für viele Akteur*innen im Fußball sicher verbunden mit der drängenden Frage: Wie wird das erst beim Turnier selbst? Wieder einmal müssen Medien, Fans, Sponsor*innen und andere schaffen, was den Verantwortlichen im Fußball selbst nicht gelingt: Einen Umgang finden mit den offensichtlichen Problemfeldern.
DFB-Präsident Bernd Neuendorf hat sich derweil in den Medien der Springer-Gruppe zu Wort gemeldet, und zwar so: "Ich glaube nicht, dass wir so eine politische WM erleben werden wie noch vor vier Jahren." Die Aussage erstaunt dann doch, denn die Zeichen weisen derzeit genau auf das Gegenteil hin: Diese WM ist schon jetzt hochpolitisch.
Allein der Friedenspreis selbst ist hochpolitisch
Der DFB hat sich nur offenbar entschieden, diese Tatsache komplett zu ignorieren. Das ist aber ein gewaltiger Unterschied. Allein die Tatsache, dass die FIFA einen Monat vor der Auslosung einen "Friedenspreis" ins Leben ruft und diesen erstmals und an US-Präsident Donald Trump verleiht, ist so offensichtlich politisch – und zugleich problematisch –, dass die Frage erlaubt sein muss, welcher Veranstaltung Neuendorf letzte Woche beigewohnt hat.
Wie sehr kann man bitte in seiner eigenen Welt leben, um keine Kritik daran zu üben, dass da ein Politiker ausgezeichnet wurde, der anderen Ländern mit Annexion droht – und in seinem eigenen Land Menschen von einem Tag auf den anderen deportiert und sich über das Gesetz stellt, um nur ein paar der offensichtlichsten Punkte zu nennen? Nicht umsonst muss die FIFA schon jetzt beteuern, dass Fans zur WM aber unbehelligt ein- und auch wieder ausreisen könnten.
Im Fußball gelten scheinbar mal wieder andere Regeln
Noch vor nicht allzu langer Zeit galt als Konsens, dass etwas wie die WM 1978 während der Militärdiktatur in Argentinien, als Fußball zu Propagandazwecken instrumentalisiert wurde, in dem Ausmaße nicht mehr möglich wäre. Davon scheint nach den letzten Turniervergaben und mit Blick auf das, was für das nächste von den USA toleriert wird, nicht mehr viel übrig zu sein.
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DFB-Geschäftsführer Andreas Rettig argumentiert im "kicker" nur vermeintlich gegen den Preis, wenn er sagt, Fußball-Veranstaltungen seien für solche Vergaben "nicht unbedingt" geeignet, es gäbe in Sachen Fußball die Neigung "ihn etwas zu überhöhen". Das Gegenteil ist der Fall: Der Fußball überhöht sich permanent selbst, weil er glaubt, Regeln gelten nur für andere. Die US-WM ist schon eine Farce, bevor sie angefangen hat. Der DFB mischt dabei ordentlich mit.