Sie schwirren über alle Stallgassen – die Geheimtipps oder Hausmittel aus alten Zeiten. Doch was steckt dahinter? Mythos oder Wahrheit? pferde.de hat einmal genauer hingesehen und 7 Weide-Weisheiten unter die Lupe genommen…
Endlich geht sie wieder los, die Weidesaison. Grünes Gras, soweit das Auge reicht, freie Bewegung, natürliches Herdenleben – das klingt nach absolutem Pferdeglück. Doch kaum beginnt die grüne Saison, sind sie auch wieder da: die Weide-Weisheiten mit allen möglichen Meinungen dazu, was fürs Pferd denn jetzt gesund ist und was nicht.
Wir haben sieben von ihnen genauer unter die Lupe genommen und klären: Sind sie Mythos – oder Wahrheit?
1. Weiden muss man nicht abäppeln
Mythos! In der freien Wildbahn war das früher kein Problem, denn da kehrte ein Pferd selten wieder an den gleichen Platz zum Fressen zurück. Unsere Pferde stehen aber auf eingezäunten Weiden und können nur bedingt ausweichen. Deshalb ist ein sorgfältiges Weidemanagement notwendig. Experten sagen daher: Das Absammeln des Pferdekots ist überaus wichtig, um eine Weide optimal zu pflegen.
Der Grund: Pferde scheiden mit ihrem Kot auch die Eier und Larven von Würmern aus, die im Pferdedarm leben. Diese Wurmlarven und Eier setzen sich, wenn die Pferdeäpfel nicht beseitigt werden, auf die Futterpflanzen und werden von den Pferden wieder aufgenommen. Ungepflegte Weiden weisen vor allem in der Nähe der Pferdeäpfel einen sehr hohen Befall mit Wurmlarven auf und die Pferde schützen sich oft selbst, indem sie das Gras rund herum nicht fressen.
2. Pferde dürfen kein gefrorenes Gras fressen
Mythos! Denn: Das gefrorene Gras wird beim Kauen und Einspeicheln angewärmt, sodass es etwa Körpertemperatur hat, wenn es den Magen erreicht. Heißt: Die Temperatur ist kein Problem. Aber es gibt die Theorie, dass gefrorenes Gras zu Koliken führt. Die wurde bislang jedoch wissenschaftlich nicht bestätigt.
Und: Die meisten Inhaltsstoffe im Weidegras werden durch Frost nicht beeinflusst. Der Grund: Pflanzen haben eine Art Frostschutz. Dabei werden langkettige Kohlenhydrate wie Fruktane in kurzkettige niedermolekulare Verbindungen (zum Beispiel Glukose) umgewandelt.
3. Pferde erkennen Giftpflanzen
Jein. Eine aktuelle Studie aus Polen sagt zwar: Pferde können Giftpflanzen am Geruch erkennen. Aber das heißt noch lange nicht, dass sie diese dann nicht doch fressen. Die Erklärung: Das Misstrauen gegen Pflanzen, die bitter schmecken oder unbekannt riechen, ist bei Pferden in freier Wildbahn noch ausgeprägt. Aber dieses Warnsystem funktioniere bei unseren domestizierten Pferden nur bedingt, so das Ergebnis der Studie. Denn die Weiden sind oft abgegrast, dazu werden Pferde zusätzlich mit Heu gefüttert. Dadurch sind sie nicht ganz so skeptisch wie ihre "wilden" Artgenossen.
4. Rehe-Pferde dürfen auf kurze Weiden
Mythos – und gefährlich. Denn: Im kurzen Gras wird vermehrt Fruktan gespeichert. Der Grund: Wenn Pferde die Weide ständig abfressen und kurz halten, stehen die die Gräser unter Stress. Die Folge: Sie speichern Energie in Form von Fruktan. Und dieser Vielfachzucker kann Hufrehe auslösen.
Dagegen hat eine Studie aus den USA gezeigt, dass regelmäßiges Mähen helfen kann, den Zuckergehalt im Gras zu reduzieren. Für die Studie wurden verschiedene Weiden regelmäßig auf 15 Zentimeter Graslänge eingekürzt, bevor die Pferde im Anschluss darauf fressen durften. Dabei fand das Forscherteam heraus, dass die allgemeine Kohlenhydratkonzentration im kurz gemähten Gras niedriger war als auf Weiden mit hochgewachsenem Gras. Der Effekt zeigte sich auch in den Blutproben. Pferde, die das kürzere Gras gefressen hatten, hatten geringere Insulinmengen im Blutplasma als die Pferde, die auf der Weide mit langem Gras standen.
5. Dicke Pferde sollen nur kurz auf die Weide
Mythos. Studien haben nämlich gezeigt, dass Pferde die "kurze" Zeit besonders intensiv nutzen. Heißt: Sie futtern einfach schneller. Statt die Weidezeit zu verkürzen, hilft hier nur: Bewegung! Ideal ist es, wenn betroffenen Pferde schon vor Beginn der Weidezeit ein paar Kilos verlieren. Wie das geht? Ganz einfach: weniger Kalorien füttern. Tipp: Statt nur Heu zu füttern, kann ein bisschen Stroh untergemischt werden. Durchs Sortieren ist das Pferd beschäftigt und frisst langsamer.
6. Nur empfindliche Pferde müssen angeweidet werden
Mythos. Denn, egal, ob Pferde empfindlich oder eher robust sind: Damit die sensible Darmflora genügend Zeit hat, sich an das neue Futterangebot anzupassen, müssen alle Pferde langsam angeweidet werden. Dabei reichen am ersten Tag zehn bis 15 Minuten. Danach kannst Du die Zeiten langsam steigern.
Tipp: Damit sich die Pferde zu Beginn der Weidesaison nicht am frischen Gras überfressen, sollten sie nicht mit leerem Magen aufs Gras kommen. Heißt: Vor dem Weidegang ausreichend mit Raufutter versorgen. So stürzen sich die Pferde nicht vor Hunger auf das Gras. Dadurch kannst Du Symptomen wie zum Beispiel Kotwasser vorbeugen.
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7. Während der Weidezeit brauchen Pferde kein Heu
Mythos. Selbst für Pferde, die rund um die Uhr draußen sind, ist zusätzliches Heu ideal. Und: Viele Pferde kommen nur am Tag auf die Weide und stehen in der Nacht in der Box. Dann ist mindestens eine Heu-Ration wichtig, da Pferde sonst zu lange nichts fressen. Denn: Der Magen des Pferdes produziert rund um die Uhr Magensäure. Das bedeutet, dass ein Pferd nie länger als vier Stunden ohne Futter sein sollte. © Pferde.de