Laut einer Analyse schwinden Europas Wasserreserven rasant. Die Deutsche Umwelthilfe zeigt mit dem "Atlas der Zerstörung", welch großen Schaden Deutschlands Investitionen in Öl und Gas weltweit anrichten und eine Forscherin hat gesellschaftliche Kipppunkte untersucht – mit potenziell positiven Folgen fürs Klima. Das sind die aktuellen Klimanews.
2024 war das wärmste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnungen – und die Auswirkungen der Klimakrise werden spürbarer: Extremwetterereignisse nehmen weltweit zu, ein Negativrekord jagt den nächsten.
Die globale Erwärmung zu bremsen und ihre Folgen beherrschbar zu halten, ist eine der zentralen Herausforderungen für die Menschheit. In dieser Serie halten wir Sie über die aktuellen News und Entwicklungen rund ums Klima auf dem Laufenden.
Europa trocknet aus: Neue Daten zeigen dramatischen Wasserschwund
Europa verliert in rasantem Tempo seine Wasserreserven. Das berichtet der britische "Guardian", der in Zusammenarbeit mit dem University College London (UCL) Satellitendaten der vergangenen zwei Jahrzehnte ausgewertet hat. Besonders Länder in Süd- und Mitteleuropa, von Spanien über Italien bis Deutschland und Polen, verzeichnen demnach einen deutlichen Rückgang des Oberflächen- und Grundwassers.
Die Satellitendaten aus den Jahren 2002 bis 2024 bilden Veränderungen im Gravitationsfeld der Erde ab. Da Wasser Masse besitzt, lassen sich daraus Zu- und Abnahmen in Flüssen, Seen, Böden und Gletschern ableiten. Dabei zeigt sich ein eindeutiges Nord-Süd-Gefälle: Während Skandinavien und Teile Nordwesteuropas feuchter werden, trocknen große Regionen im Süden und Südosten weiter aus. Die Forschenden führen diese Entwicklung eindeutig auf den Klimawandel zurück.
Besonders kritisch ist der Rückgang des Grundwassers, das eigentlich als relativ stabil gegenüber Klimaschwankungen gilt. Doch eben dieser Rückgang hat Folgen für Landwirtschaft und Trinkwasserversorgung. Gleichzeitig ist der Grundwasserverbrauch in der EU durch Landwirtschaft und öffentliche Wasserversorgung in den vergangenen Jahren gestiegen.
Die Forschenden warnen, dass sich Europa in Zukunft auf häufiger werdende Dürreperioden einstellen muss. Die schwindenden Wasserreserven könnten zudem Lieferketten belasten, etwa wenn Spanien aufgrund von Dürren weniger Obst und Gemüse exportieren kann.
"Atlas der Zerstörung" belegt, wie Deutschlands fossile Geschäfte massive Schäden anrichten
Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hat im neuen "Atlas der Zerstörung" dokumentiert, wie stark Deutschlands Öl- und Gasimporte Umwelt und Klima weltweit belasten. Die Publikation zeigt entlang der gesamten Wertschöpfungskette – von der Förderung über Transport und Verarbeitung bis hin zu langfristigen Lieferverträgen – wie deutsche Unternehmen, Finanzströme und politische Entscheidungen in fossile Strukturen eingebunden sind und diese zementieren.
Besonders brisant sind die dokumentierten Umwelt- und Gesundheitsschäden in Förderländern: In Staaten wie Nigeria, Saudi-Arabien oder Guyana führen Ölunfälle und das Abfackeln überschüssigen Gases zu vergifteten Gewässern, belasteten Böden und schweren Erkrankungen in lokalen Gemeinschaften. Deutschland bezieht zunehmend Öl per Schiff aus diesen Regionen – ein Handel, der laut DUH maßgeblich dazu beiträgt, dass Ökosysteme zerstört und Menschenrechte verletzt werden.
Der Atlas zeigt außerdem, welche Dimensionen Deutschlands fossile Abhängigkeit hat: Rund 80 Milliarden Euro fließen jedes Jahr in den Import von Öl und Gas. Als einer der größten fossilen Energieimporteure Europas trage die Bundesrepublik damit erhebliche globale Verantwortung, betont die DUH.
Mit dem Bericht erhöht die Umwelthilfe den Druck auf die Bundesregierung. Sie fordert ein sofortiges Ende neuer fossiler Verträge, den Abbau klimaschädlicher Subventionen und einen klaren Fahrplan für den Ausstieg aus Öl und Gas.
Gebirge heizen sich schneller auf: Neue Studie warnt vor drastischen Folgen
Der menschengemachte Klimawandel erwärmt die Erde – aber gilt das für Berge und Täler in gleichem Maße? Das hat ein internationales Forscherteam unter Beteiligung der Universität Innsbruck in einer Studie untersucht und ist zu einem alarmierenden Ergebnis gekommen: Demnach erwärmen sich Bergregionen deutlich schneller als das Flachland.
Die Forschenden werteten Daten aus den Jahren 1980 bis 2020 aus und stellten fest, dass die Temperaturen in den Bergen pro Jahrzehnt rund 0,21 Grad stärker stiegen als in Tallagen. Je höher das Gelände lag, desto ausgeprägter war dieser Trend.
Die Auswirkungen auf die Bergregionen sind enorm: Gletscher schrumpfen rasant, und statt Schnee fällt immer häufiger Regen – oftmals in Form von unvorhersehbaren Starkniederschlägen. Weil die Gipfel dadurch immer seltener von hellem Schnee bedeckt sind, wird weniger Sonnenlicht zurück reflektiert, was die Erwärmung zusätzlich verstärkt. Generell nimmt die jährliche Niederschlagsmenge tendenziell ab, wodurch Dürren in Bergregionen immer häufiger auftreten.
Besonders betroffen sind laut der Studie die Rocky Mountains und das asiatische Hochgebirge. Dort hängt die Wasserversorgung von Millionen Menschen vom Schmelzwasser der Gletscher ab. Die Forschenden betonen, dass Gebirge in globalen Messnetzen oft unterrepräsentiert sind und Computermodelle ihre Besonderheiten noch unzureichend erfassen. Verbesserte Satellitenbeobachtungen und präzisere Modelle sollen künftig helfen, Risiken früher zu erkennen.
Chancen auf die Wende: Wie Klimaschutz "ansteckend" wird
Kipppunkte bedeuten in der Klimaforschung meist nichts Gutes: das Schmelzen der Gletscher oder das Tauen der Permafrostböden, das sich ab einem gewissen Punkt nicht mehr aufhalten lässt – und den Klimawandel weiter beschleunigt. Doch es gibt auch gesellschaftliche Kipppunkte, sogenannte "social tipping point elements" – mit potenziell positiven Folgen für den Klimaschutz.
Wie gesellschaftliche Kipppunkte erreicht und Klimaschutz "ansteckend" werden könnte, darüber hat die Forscherin Ilona Otto vom Wegener Center der Universität Graz nun mit der österreichischen Tageszeitung "Der Standard" gesprochen. In einer Studie konnten die Forscherin und ihr Team belegen, dass schon ein Viertel der Bevölkerung ausreichen kann, um die breite Masse dazu zu bringen, neue gesellschaftliche Verhaltensweisen zu übernehmen.
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Als Beispiel dafür, wo das in der Vergangenheit bereits geschehen ist, nannte sie Photovoltaikanlagen und Wärmepumpenheizungen, die mittlerweile in Neubauten zum Standard geworden sind. Auslösen ließen sich soziale Kipppunkte etwa durch den Abbau von Subventionen für fossile Energien, klimafreundliche Städte sowie bessere Klimabildung oder Information über Risiken der Klimakrise.
Doch Otto warnt auch, dass die gesellschaftliche Stimmung auch in die entgegengesetzte Richtung kippen kann – etwa durch Polarisierung, gezielte Desinformation und eine zunehmend fragmentierte Öffentlichkeit. Entscheidend sei daher, Emotionen und verständliche Geschichten stärker in der Klimakommunikation zu nutzen – und deutlich zu machen, dass Klimaschutz nicht Verzicht bedeutet, sondern ein Plus an Lebensqualität.
Verwendete Quellen
- theguardian.com: "Revealed: Europe’s water reserves drying up due to climate breakdown"
- Deutsche Umwelthilfe: "Atlas der Zerstörung" (PDF)
- Fachmagazin Nature Reviews Earth & Environment, Pepin et al., 2025: "Elevation-dependent climate change in mountain environments"
- Universität Innsbruck: Pressemitteilung: "Klimawandel: Bergregionen erwärmen sich schneller als Tallagen"
- Standard.at: "Die gesellschaftliche Stimmung zum Klimawandel kann jederzeit kippen"
- Fachmagazin Earth System Dynamics, Everall et al., 2025: "The Pareto effect in tipping social networks: from minority to majority"