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Gehaltsverhandlungen Ey Chef, ich will mehr Geld!

In Gehaltsverhandlungen kann man viele Fehler machen. Drei Experten sagen, wie es richtig geht: Mit welchen Argumenten punkten Angestellte? Und was sollte ein Chef im Gehaltsgespräch beachten? Eines ist sicher: Der Satz aus der Überschrift gehört nicht in die Trickkiste...
Von Marike Frick
Dieser Beitrag stammt aus dem SPIEGEL-Archiv. Warum ist das wichtig?

Lieber mit einem schlechten Ergebnis aus dem Gehaltsgespräch, als diese Tortur noch eine Minute länger ertragen - schon der Gedanke an Gehaltsverhandlungen ist vielen Menschen so unangenehm, dass sie Fluchtreflexe entwickeln. Dabei wird oft vergessen: Viele Chefs fühlen sich dabei ebenso unsicher wie die Mitarbeiter, die die Hand aufhalten.

Dabei können auf beiden Seiten des Schreibtischs ein paar Grundregeln die Situation entschärfen. Meist haben sie damit zu tun, die Bedürfnisse des Gegenübers in dieser Situation zu verstehen.

KarriereSPIEGEL hat drei Experten auf diesem Gebiet gebeten, das Wichtigste zusammenzutragen, getrennt nach Hilfen für Mitarbeiter und Ratschlägen für Chefs.

Für den Mitarbeiter - regelmäßig trommeln, keine Kriegserklärungen

Die Experten (von links): Hermann Scherer, Autor von "Sie bekommen nicht, was Sie verdienen, sondern was Sie verhandeln"; Jürgen Hesse, Bewerbungs- und Karrierecoach; Claudia Kimich, Autorin von "Um Geld verhandeln"

Die Experten (von links): Hermann Scherer, Autor von "Sie bekommen nicht, was Sie verdienen, sondern was Sie verhandeln"; Jürgen Hesse, Bewerbungs- und Karrierecoach; Claudia Kimich, Autorin von "Um Geld verhandeln"

Foto: Fotos: Anja Wechsler; Jacqueline Esen; Hesse/Schrader

  • Wann ist der richtige Zeitpunkt für ein Gehaltsgespräch?

Jürgen Hesse: "Ein schlechter Moment: wenn die Konjunktur im Keller oder ein wichtiger Kunde gerade abgesprungen ist - oder der Chef von seiner Frau verlassen wurde. Ein guter Moment: Wenn Sie gerade zeigen konnten, was in Ihnen steckt."

Claudia Kimich: "Setzen Sie das Gespräch lieber für den Mai als den November an: Helles Licht macht bessere Laune."

Jürgen Hesse: "Je jünger und je niedriger Sie eingestiegen sind, desto früher darf ein Gespräch stattfinden - allerdings frühestens nach Ablauf der Probezeit."

  • Wie bereite ich mich vor?

Hermann Scherer: "Im Prinzip muss die Vorbereitung schon ein Jahr vorher stattfinden. Dann sollten Sie sich nämlich fragen: Kenne ich die brennenden Probleme meines Vorgesetzten? Und was kann ich tun, um sie zu lösen? Wenn der Chef merkt, dass Sie gezielt an den Problemen der Firma arbeiten, dann wird das Geld lockerer sitzen. "

Claudia Kimich: "Sie sollten als Konzernmitarbeiter das ganze Jahr über regelmäßig für sich trommeln. Setzen Sie sich dann vor dem Gespräch hin und schreiben Sie auf, welche Projekte Sie gemacht haben, welchen Nutzen Sie dem Unternehmen brachten. Und lesen Sie ruhig auch mal den Tarifvertrag, vielleicht sind ja irgendwelche Sonderzahlungen drin. Gehen Sie gut informiert ins Gespräch!"

Jürgen Hesse: "Sagen Sie dem Chef übrigens nicht, dass Sie über Geld reden wollen - sondern dass Sie die beruflichen Perspektiven gemeinsam besprechen sollten."

  • Wie verhalte ich mich im Gespräch?

Jürgen Hesse: "Beginnen Sie mit Small Talk, schaffen Sie eine angenehme Atmosphäre. Stellen Sie dann dar, was Sie geleistet haben, wo Sie jetzt stehen, was Sie noch vorhaben. Dann könnten Sie fragen: 'Welche Möglichkeiten sehen Sie denn für eine Gehaltssteigerung?'"

Hermann Scherer: "Viele erzählen, dass sie doch sehr fleißig waren oder dass die Lebenshaltungskosten so gestiegen sind - das will keiner hören. Ein Chef will Ergebnisse sehen."

Claudia Kimich: "Sie können ruhig mit einem Schmunzeln fragen: Und was sind Ihnen meine Leistungen so wert? Wenn der Chef sich schwertut mit einer Erhöhung, könnte man auch über Alternativen sprechen: eine Weiterbildung, ein Geschäftsauto oder eine Fitnessclub-Mitgliedschaft. Denn für eine prozentuale Erhöhung muss die Firma ja Lohnnebenkosten zahlen, das wird ihr vielleicht schwererfallen."

Jürgen Scherer: "Treten Sie diplomatisch auf, hören Sie auch mal zu. Keiner will die Pistole auf die Brust gesetzt bekommen. Deshalb sollten Sie auch nicht auf andere verweisen, die mehr bekommen. Damit unterstellen Sie ungerechte Bezahlung, und das ist eine Kriegserklärung. Sollte der Chef kategorisch ablehnen, fragen Sie, ob Sie in naher Zukunft noch einmal wiederkommen können. Bitten Sie ihn freundlich, bis dahin über Ihre guten Argumente nachzudenken."

Tipps für den Chef - "manche Mitarbeiter kochen unter der Oberfläche"

  • Wann ist der richtige Zeitpunkt?

Jürgen Hesse: "Wenn Ihr Mitarbeiter etwas Tolles geschafft hat. Dann sollten Sie ihm nämlich eine Belohnung anbieten. Das sind einfache Erziehungsmechanismen: Wer lernt, dass sich Leistung lohnt, wird auch in Zukunft mehr leisten."

Claudia Kimich: "Einmal im Jahr sollte man mit jedem Mitarbeiter sprechen. Das Gehalt kann ein Teil dieses Gesprächs sein."

Jürgen Hesse: "Wenn der Mitarbeiter auf Sie zukommt und Sie gerade mit anderen Problemen zu kämpfen haben, bitten Sie ihn freundlich, beispielsweise in einem Monat wiederzukommen. Schieben Sie das Gespräch aber nicht auf die lange Bank - es gibt Mitarbeiter, die kochen unter der Oberfläche, da sollte man nicht zu lange warten."

  • Wie bereite ich mich vor?

Claudia Kimich: "Führen Sie sich noch einmal alles vor Augen, was der Mitarbeiter im letzten Jahr geleistet hat, oder konsultieren Sie die Abteilungsleiter. Er soll schließlich im Gespräch Anerkennung und Wertschätzung fühlen. Rücken Sie auch während des Jahres schon mal mit einem Bonus oder einer Belohnung heraus. Unter Umständen erreichen Sie damit, dass im nächsten Gespräch gar keine allzu hohen Forderungen kommen."

  • Wie verhalte ich mich im Gespräch?

Hermann Scherer: "Das Gehaltsgespräch ist ein Verkaufsgespräch, und Sie haben natürlich ein Interesse, die Dienstleistung des Mitarbeiters so günstig wie möglich einzukaufen. Aber wenn ein vereinbartes Ziel erreicht wurde, kommen Sie um eine Erhöhung kaum herum."

Jürgen Hesse: "Wenn der Mitarbeiter eine zu hohe Erhöhung verlangt, sagen Sie sachlich, dass das nicht geht, und überlegen Sie gemeinsam, was realistisch sein könnte. Manche Chefs treten zu harsch oder arrogant auf, Sie wollen ja aber motivierte Mitarbeiter."

Claudia Kimich: "Sollte im Moment finanziell nichts drin sein, können Sie immer noch Anreize für die Zeit nach der Talsohle setzen. Etwa so: 'Wenn der Umsatz um fünf Prozent steigt, bekommen Sie Ihre Erhöhung.' Das ist glaubwürdiger als ein einfaches 'Nicht jetzt, später'."

Hermann Scherer: "Nehmen Sie sich Zeit für den Mitarbeiter. Zeigen Sie auch Ihre menschliche Seite. Dann wird er zufriedener aus dem Gespräch gehen - selbst wenn es keine Erhöhung gab."