Ein Schuljunge rennt am 17.05.2002 in Soweto (Südafrika) an einem Wandbild vorbei, das vor Aids warnt.

Welt-Aids-Tag in Südafrika "Wir befürchten, dass wir den Kampf verlieren"

Stand: 01.12.2025 09:17 Uhr

Nirgendwo sonst auf der Welt sind so viele Menschen HIV-positiv wie in Südafrika. Doch im Kampf gegen das Virus gibt es Probleme, weil die USA als Geldgeber ausfallen. Die Regierung hat nun reagiert.

"Die lokale HIV-Bekämpfung hat den schwersten Rückschlag seit Jahrzehnten erlitten", sagt Winnie Byanyima, die Direktorin des Weltaids-Programms der Vereinten Nationen. Auch in Südafrika hat der Zahlungsstopp der USA massive Konsequenzen. Mehr als acht Millionen Menschen sind mit dem HI-Virus infiziert. Das sind knapp 13 Prozent der Bevölkerung.

Jedes Jahr kommen etwa 170.000 Neuansteckungen dazu. Das Land betreibt das weltweit größte Präventions- und Testprogramm. Rund sechs Millionen Betroffene werden damit erreicht. Lange Zeit konnte fast ein Fünftel der Kosten für Medikamente, Behandlung und Vorsorge über die Programme USAID und PEPFAR finanziert werden. Damit ist seit Anfang des Jahres Schluss.

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Steigende Fallzahlen - Rückschläge im Kampf gegen HIV

Anke Hahn, ARD Berlin, Morgenmagazin, Das Erste, 01.12.2025 06:00 Uhr

Betroffene standen vor verschlossenen Türen

"Der Rückzug von USAID, die Zerschlagung des PEPFAR-Programms, der Verlust von Milliarden Dollar war verheerend für die Gesundheit, das Gesundheitssystem und das Management von Krankheiten wie HIV und Tuberkulose", sagt Mark Heywood. Er ist schon seit Jahren in der Aids-Hilfe aktiv und bezeichnet sich selbst als Gesundheitsaktivist.

Seit aus Washington so gut wie kein Geld mehr kommt, haben in Südafrika viele von NGOs betriebene Versorgungseinrichtungen dichtmachen müssen, weil sie die Medikamente und ihre Mitarbeiter nicht mehr bezahlen konnten. Überall im Land standen Betroffene plötzlich vor verschlossenen Türen. Auch eine Klinik für Prostituierte in Hillbrow, einem heruntergekommenen Viertel in Johannesburg mit zahllosen Bordellen, war Anfang Februar von heute auf morgen zu.

"Hier geht es um Politik. Aber es gibt viele Menschen, die mit den Hilfsgeldern unterstützt werden", sagt Krankenschwester Buthle Gamede, die sich in der Stadt um HIV-Patienten kümmert. "Die Patienten, und auch wir, die Pflegerinnen und Pfleger." US-Präsident Donald Trump spiele "Gott mit unseren Leben". 

Neues Arzneimittel macht Hoffnung

Die südafrikanische Regierung hat inzwischen die öffentlichen Gesundheitsausgaben erhöht, auch damit die HIV-Medikamente kostenlos bleiben können. Mit der Kampagne "Close the Gap", übersetzt so viel wie "Schließt die Lücke", sollen mehr als eine Million Menschen zusätzlich in die Behandlung aufgenommen werden. 

Foster Muhale, Sprecher des Gesundheitsministeriums, appelliert an all jene, die ihre Behandlung bisher von NGOs erhielten, die von den USA finanziert wurden, sich nicht entmutigt zu fühlen. "Die Behandlung ist kostenlos. Gehen Sie zu Ihrer nächstgelegenen öffentlichen Gesundheitseinrichtung, holen Sie sich Ihre Medikamente und führen Sie ein langes und gesundes Leben."

Hoffnung macht ein neues Arzneimittel, das als sogenannter Game Changer gilt. Das Medikament muss nur zweimal im Jahr gespritzt werden und verhindert eine Ansteckung. Allerdings steht es noch längst nicht flächendeckend zur Verfügung.

"Abneigung gegenüber Schwarzen und armen Ländern"

Auch deshalb sind die Zukunftsaussichten eher düster, sagt Sibongile Mazlala vom Treatment Action Committee, einer Bürgerrechtsorganisation, die sich um HIV-Infizierte kümmert. "Wir befürchten, dass wir den Kampf verlieren, den wir zu gewinnen glaubten", sagt sie. "So wie die Dinge stehen, werden wir in den nächsten Jahren mehr Aids-bedingte Todesfälle sehen, weil Menschen keinen Zugang zu medizinischer Versorgung mehr haben."

Dass sich an der Haltung der Trump-Regierung in absehbarer Zeit etwas ändern könnte, glaubt in Südafrika kaum jemand. Vom jetzigen US-Präsidenten sei nichts Rationales zu erwarten, ist Gesundheitsaktivist Heywood überzeugt. 

"Er trifft Entscheidungen auf Grundlage von Fehlinformationen, von Desinformation und im Grunde genommen von Abneigung gegenüber Schwarzen und armen Ländern", sagt Heywood. Die Finanzierung der Gesundheitsprogramme müsse neu organisiert werden, um die Abhängigkeit von den USA zu durchbrechen.

Stephan Ueberbach, ARD Johannesburg, tagesschau, 01.12.2025 08:03 Uhr

Dieses Thema im Programm: tagesschau.de | "Welt-AIDS-Tag: Wie Trumps Zahlungsstopp Südafrika trifft" | 01.12.2025 | 08:20 Uhr