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Gleichberechtigung – Wer übernimmt die Care-Arbeit im Homeoffice?

Arbeiten, wo man lebt: Für viele Menschen gehört Homeoffice längst zum Alltag – nicht zuletzt, weil die Corona-Pandemie das Arbeiten von zuhause stark verbreitet hat. Die flexible Arbeitsform verspricht weniger Zeitdruck, mehr Freiheit und eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Job. Doch wie wirkt sich die Nähe von Arbeit und Privatem tatsächlich auf das Miteinander aus? Und entstehen dabei Unterschiede zwischen Männern und Frauen?
CMA, 17.11.2025
Homeoffice-Szene in Wohnküche mit Vater, Mutter und Kleinkind

© PeopleImages, iStock

m August 2025 haben laut einer aktuellen ifo Konjunkturumfrage rund ein Viertel aller Beschäftigten in Deutschland zumindest teilweise von zu Hause gearbeitet. „Ein Trend zur Rückkehr ins Büro ist nicht erkennbar. Prominente Beispiele einzelner Unternehmen, die ihre Beschäftigten zurück ins Büro holen, bleiben Einzelfälle“, sagt Jean-Victor Alipour vom Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung der Universität München. Wie verbreitet Homeoffice mittlerweile ist, zeigt sich also deutlich.

Care-Arbeit im Homeoffice

Durch das Arbeiten von zuhause ersparen sich Beschäftigte vor allem eins: Zeit. Pendler müssen den durchschnittlichen Arbeitsweg von rund einer halben Stunde nicht mehr zurücklegen. Außerdem ist zwischen Meetings noch kurz Zeit, die Wäsche aufzuhängen oder die Kinder von der Kita abzuholen. Doch wer übernimmt in heterosexuellen Beziehungen eigentlich den Haushalt und die Care-Arbeit im Homeoffice? Eine aktuelle Studie zeigt: Die Arbeit von zuhause beeinflusst die Aufteilung von Hausarbeit und Kinderbetreuung – allerdings hängt das stark von den Einstellungen zu Geschlechterrollen ab.

Für ihre Analyse griffen Forschende der Universität Konstanz und des King's College London auf Daten des Beziehungs- und Familienpanels „pairfam“ zurück, welche von 2008 bis 2021 erhoben wurden. Darin bewerten Teilnehmende unter anderem Aussagen zu Geschlechterrollen. Zum Beispiel, ob Männer sich im Haushalt genauso beteiligen sollten, wie Frauen oder ob sich Frauen vorrangig um die Familie kümmern sollten. So konnten die Forschenden ihre Testpersonen zu traditionellen und progressiven Ansichten zuordnen. Zusätzlich erfassten sie, wie viel Zeit die Befragten tatsächlich in Hausarbeit und Kinderbetreuung investierten, zum Beispiel für Putzen, Kochen, Einkäufe, Fahrdienste oder Betreuung erkrankter Kinder.

Das Rollenbild zählt

Das Ergebnis: Ob Homeoffice zu mehr Gleichberechtigung führt oder Ungleichheiten verstärkt, entscheidet vor allem die Haltung zu Geschlechterrollen. Männer mit progressiven Geschlechterrollen übernehmen im Homeoffice tatsächlich mehr Aufgaben im Haushalt. Männer mit traditionellen Vorstellungen verändern ihr Verhalten hingegen kaum. Für Frauen zeigt sich das Gegenteil: Wer eher traditionelle Rollenbilder vertritt, übernimmt im Homeoffice noch mehr unbezahlte Care-Arbeit.

Auch während der Pandemie, als Homeoffice teilweise verpflichtend war, blieben die Unterschiede bestehen. Männer mit progressiven Rollenbildern nutzten die zusätzliche Flexibilität für mehr Familienarbeit – traditionell eingestellte für Überstunden auf der Arbeit.

Selbst unter erhöhtem Betreuungsbedarf während der Lockdowns bot Homeoffice vor allem jenen Männern Chancen für mehr Engagement im familiären Alltag, die ohnehin progressiv eingestellt sind. Heejung Chung vom King's College London fasst es so zusammen: „Homeoffice kann ein großer Gleichmacher sein – aber nur in Haushalten, in denen Männer sich selbst als gleichberechtigte Partner in der Fürsorge sehen.“

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