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Wie die Eruption des Tonga-Unterseevulkans begann

Erde|Umwelt

Wie die Eruption des Tonga-Unterseevulkans begann
Tonga-Eruption
Eruptionssäule beim Ausbruch des Unterseevulkans Hunga Tonga-Hunga Ha’apai im Januar 2022.© NASA Scientific Visualization Studio

Der Ausbruch des Unterseevulkans Hunga Tonga-Hunga Ha‘apai im Pazifik hatte katastrophale Folgen und war weltweit detektierbar. Doch was ihn auslöste, war bisher erst in Teilen geklärt. Jetzt haben Forscher Hinweise auf das Ereignis entdeckt, das den Kollaps der Vulkancaldera und den dramatischen Ausbruch auslöste. In seismologischen Daten von zwei rund 750 Kilometer entfernten Messstationen entdeckten sie rund 15 Minuten vor Beginn der Eruption einen Oberflächenwellen-Puls. Dieser deutet daraufhin, dass zu diesem Zeitpunkt zunächst nur eine kleine Schwächezone am südöstlichen Rand der Caldera aufbrach. Dies brachte Magma und Meerwasser in direkten Kontakt, verursachte eine Explosion und setzte so die Kettenreaktion in Gang, durch die dann der gesamte Vulkan ausbrach.

Der Ausbruch des Unterseevulkans Hunga Tonga-Hunga Ha‘apai im Pazifik am 15. Januar 2022 war die stärkste Eruption eines Vulkans in den letzten 30 Jahren. Der Ausbruch ließ Teile des Vulkanbergs einbrechen und verursachte ein Seebeben und Tsunamis, die sich im ganzen Pazifik ausbreiteten und für Überschwemmungen sorgten. Die riesige Aschewolke überzog den gesamten Tonga-Archipel mit giftiger Vulkanasche und erreichte auch Australien und Neuseeland. Der durch die Reaktion der vulkanischen Produkte mit dem Meerwasser erzeugte Wasserdampf schoss bis in die Stratosphäre und reicherte sie mit genug Wasser an, um 58.000 olympische Schwimmbecken zu füllen. Die gesamte Eruptionswolke reichte sogar über die Stratosphäre hinaus bis in die Mesosphäre – es war die höchste je dokumentierte Ausbruchswolke einer Vulkaneruption.

Seismologische Spurensuche

Doch was diesen dramatischen Vulkanausbruch letztlich auslöste, ist bisher unklar. Bekannt ist, dass der Hunga Tonga-Hunga Ha’apai in einer Subduktionszone liegt, einer Zone, in der die Pazifische Erdplatte unter die Australische Kontinentalplatte abtaucht. Er war schon früher stark aktiv und erst seine Lava verband im Jahr 2014 die beiden zuvor getrennten Inseln Hunga Tonga und Hunga Haʻapai – daher der lange Doppelname des Vulkans. Auch im Dezember 2021 gab es eine Eruption, die jedoch Anfang Januar 2022 zunächst beendet schien – bis dann am 14. Januar 2022 der große Ausbruch geschah. Doch wann genau begann er und wodurch? „Basierend auf den Oberflächenphänomene gingen die meisten Studien davon aus, dass die Eruption um 04:00 Uhr nachts Weltzeit begann“, berichten Takuro Horiuchi und seine Kollegen von der Universität Tokio. Doch weil es auf Tonga selbst keine seismologischen oder anderen vulkanologischen Überwachungsstationen gab, blieb unklar, was unmittelbar davor geschah. Deshalb hat das Team um Horiuchi nun noch einmal seismologische Daten analysiert, die auf den rund 740 Kilometer entfernten Inseln Fidschi und Futuna aufgezeichnet wurden – den dem Vulkan am nächsten liegenden seismologischen Messstationen.

Dabei zeigte sich, dass es schon vor Einsetzen der Haupteruption ein auffälliges seismisches Signal gegeben hatte: „Wir können bestätigen, dass es rund 15 Minuten vor der Eruption ein Vorläufer-Ereignis gab, das eine signifikante seismische Welle erzeugte“, berichtet das Team. Wie sie erklären, handelte es sich dabei um eine sogenannte Rayleigh-Welle, einen Typ von Oberflächenwellen, bei denen der oberflächennahe Untergrund rollende Bewegungen durchführt. „Zwar geht Vulkanausbrüchen oft eine seismische Aktivität voraus, aber diese Wellen sind meist schwach und nur im nahen Umfeld von einigen Kilometern um den Vulkan detektierbar“, erklärt Horiuchi. Beim Tonga-Vulkan war diese Welle jedoch noch hunderte Kilometer entfernt deutlich nachweisbar. „Wir vermuten daher, dass es zum Zeitpunkt dieses Vorläufersignals ungewöhnlich starke Untergrundbewegungen gegeben haben muss“, so der Forscher.

Ablauf
Ablauf der Eruption. © Takuro Horiuchi

Südöstliche Schwächezone als Anstoß

Um herauszufinden, was für ein geologisch-vulkanischer Prozess das neu identifizierte seismische Signal erzeugt haben könnte, rekonstruierten die Forschenden die Vorgänge im Hunga Tonga-Hunga Ha’apai in einem geophysikalischen Modell. Vorhergehende Studien hatten bereits ergeben, dass sich das Magma vor dem Ausbruch des Unterseevulkans von einer in rund 1,2 Kilometer Tiefe beginnenden Magmakammer sammelte. Diese wurde von zwei in größere Tiefe führenden Zuströmen gespeist. Bei der Eruption brachen oberhalb dieses oberflächennahen Magmareservoirs mehrere Schlote auf, durch die vulkanische Gase und die Lava austraten. Ausgehend von ihren Neuanalysen haben Horiuchi und sein Team nun ermittelt, dass dieses Aufbrechen der Schlote nacheinander geschah – und dass ein Bereich am südöstlichen Rand der Vulkancaldera den Anstoß dafür gab.

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Der Rekonstruktion zufolge drang zuerst Meerwasser in das durch den Druck des Magmas und der vulkanischen Gase geschwächte und fragmentierte Gestein dieses Schlots ein. Durch die vulkanische Hitze verdampfte dieses Wasser abrupt und sprengte den Gesteinspfropf in diesem Schlot auf. Diese Explosion erzeugte die Rayleigh-Wellen, die 15 Minuten vor dem großen Ausbruch registriert wurden, wie Horiuchi und seine Kollegen berichten. Gleichzeitig öffnete sie den Schlot und brachte heißes Magma in direkten Kontakt mit dem Meerwasser. Dies löste eine explosive Kettenreaktion aus, durch die der Vulkangipfel kreisförmig aufbrach und Lava und Gase aus mehreren Schloten spie. Dies löste den Beginn der Eruption und den Kollaps der Caldera aus. „Damit ist unsere Studie die erste, die den Auslöser der katastrophalen Eruption des Hunga Tonga-Hunga Ha’apai bestätigt“, schreiben die Forschenden. „Wir vermuten, dass wir weitere Signaturen dafür auch in anderen Daten finden, wenn wir sie daraufhin analysieren.“ Ihrer Ansicht nach sind die neuen Erkenntnisse aber nicht nur hilfreich für die Rekonstruktion der Tonga-Eruption, sie könnten auch dazu beitragen, drohende Ausbrüche anderer Inselvulkane frühzeitig zu erkennen.

Quelle: Takuro Horiuchi (Universität Tokio) et al., Geophysical Research Letters, doi: 10.1029/2024GL111144

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