Der Prozess gegen die Führungsfiguren der ersten Generation der „Roten Armee Fraktion“, Andreas Baader, Ulrike Meinhof, Gudrun Ensslin und Jan-Carl Raspe, dürfte zu den bekanntesten Strafverfahren der Bundesrepublik zählen. Der Journalist Sven Felix Kellerhoff bietet mit seiner konzisen Darstellung nun eine vielschichtige Analyse dieses Mammutprozesses, der sich über 23 Monate und 192 Verhandlungstage erstreckte, bei denen knapp 40 000 Asservate präsentiert wurden, fast 1000 Zeugen geladen waren und 80 Sachverständige auftraten. Allein das Wortprotokoll umfasst 13 939 Seiten, hinzu kommen 50 000 Blatt Akten.
Kellerhoff hat sich durch dieses Material ebenso hindurchgearbeitet wie durch die Medienberichterstattung. Er analysiert die Strategien von Staatsanwaltschaft und Verteidigung in Verbindung mit der öffentlichen Rezeption. Kellerhoff scheut nicht vor klaren Werturteilen zurück, entlarvt einmal mehr die Legenden um die vermeintliche „Isolationsfolter“ und zeigt, wie Teile der Verteidigung ihr Mandat überschritten und zu direkten Unterstützern der Terroristen wurden. Wer sich für den Jahrhundertprozess interessiert, wird durch das pointiert geschriebene Buch gut informiert.
Rezension: Dr. Sebastian Rojek
Sven Felix Kellerhoff
Der Stammheimprozess
Die RAF und das Baader-Meinhof-Verfahren 1975 bis 1977
Verlag Herder, Freiburg im Breisgau 2025, 286 Seiten, € 24,–



