Paramount gegen Netflix: Der Kampf um Hollywood
Die Warner Bros Übernahme wird immer mehr zum Politikum
(Bild: Savvapanf Photo/Shutterstock.com)
Bieterwettstreit um Warner Bros. Discovery erschüttert Hollywood. Netflix bot 72 Milliarden Dollar, Paramount kontert. Doch Trump könnte alles kippen.
Der geplante Verkauf von Warner Bros. Discovery entwickelt sich zu einem der umstrittensten – und politisch aufgeladensten – Deals der Medienbranche. Nachdem sich Netflix und Warner Bros. Discovery am Freitag auf eine Übernahme für 72 Milliarden US-Dollar geeinigt hatten, legte Paramount am Montag ein konkurrierendes Angebot vor – und wendet sich damit direkt an die Aktionäre.
Paramount bietet 108,4 Milliarden Dollar (rund 94 Milliarden Euro) für den gesamten Warner-Konzern, wie das Unternehmen mitteilte. Das entspricht 30 Dollar je Aktie in bar. Netflix hatte zuvor 83 Milliarden Dollar (rund 71 Milliarden Euro) oder 27,75 Dollar je Aktie geboten, allerdings nur für das Studiogeschäft und den Streamingdienst HBO Max. Das TV-Geschäft mit Sendern wie CNN sollte zuvor abgespalten werden. Jetzt mischt Trump sich ein.
Paramount sieht bessere Chancen bei Kartellbehörden
"Die Aktionäre bekommen 18 Milliarden Dollar mehr in bar als bei dem Netflix-Angebot", erklärte das von David Ellison geführte Unternehmen. Zudem sei die Wahrscheinlichkeit höher, dass ein solcher Deal von den Wettbewerbsbehörden genehmigt werde.
Das Vorgehen ist ungewöhnlich: Paramount hat einen Börsenwert von rund 14 Milliarden Dollar und tritt damit gegen Netflix an, das über 400 Milliarden Dollar wert ist. Der Deal werde vollständig durch die Familie Ellison und RedBird Capital abgesichert, teilte Paramount mit. Dazu kämen Kreditzusagen in Höhe von 54 Milliarden US-Dollar von Bank of America, Citi und Apollo. Oracle-Gründer Larry Ellison ist der Vater von David Ellison.
Paramount warf Warner vor, nie ernsthafte Gespräche geführt zu haben, obwohl das Unternehmen in den vergangenen zwölf Wochen sechs Übernahmevorschläge unterbreitet habe.
Trump äußert Bedenken wegen Marktmacht
In die Auseinandersetzung hat sich nun auch US-Präsident Donald Trump eingeschaltet. Der hohe Marktanteil von Netflix im Streaming-Geschäft könnte ein Problem bei den Übernahmeplänen sein, sagte Trump. Er verwies auf die anstehende Wettbewerbsprüfung und kündigte an, auch in die Entscheidung involviert zu sein.
Netflix ist mit rund 300 Millionen Abonnenten der weltweit führende Streamingdienst, Warner kommt auf fast 130 Millionen Kunden. Die Unternehmen zeigten sich überzeugt, dass die Transaktion einer Prüfung durch Wettbewerbshüter standhalten wird. Zugleich planen sie bis zu eineinhalb Jahre für den Abschluss der Übernahme ein. Netflix verpflichtete sich, Warner eine Vertragsstrafe von 5,8 Milliarden Dollar zu zahlen, falls die Übernahme an den Kartellwächtern scheitern sollte.
Der Finanzdienst Bloomberg berichtete, Netflix-Co-Chef Ted Sarandos habe Trump Mitte November besucht, um über die Übernahmepläne zu sprechen. Dabei seien sie sich einig gewesen, dass der Meistbietende gewinnen solle, hieß es unter Berufung auf informierte Personen. Trump bestätigte, Sarandos sei vergangene Woche bei ihm im Oval Office gewesen.
Politische Dimension durch Ellison-Verbindungen
Eine besondere politische Brisanz erhält der Fall durch die Verbindungen der Ellison-Familie zum Weißen Haus. Larry Ellison gilt als Unterstützer Trumps. Die Familie hatte vor vier Monaten Paramount mitsamt der Tochter CBS für acht Milliarden Dollar übernommen. Bei CBS gab es nach dem Kauf Änderungen in der Nachrichtenredaktion, die Leitung von CBS News übernahm die konservative Meinungsjournalistin Bari Weiss.
Medienberichten zufolge ging Paramount angesichts der guten Beziehungen zum Weißen Haus davon aus, sich durchsetzen zu können. Anders als Netflix will Paramount den gesamten heutigen Konzern Warner Bros. Discovery kaufen, zu dem auch Fernsehsender wie CNN gehören. Der Nachrichtensender, der oft kritisch über Trump berichtet, ist dem Präsidenten ein Dorn im Auge. In den USA wurde vielfach spekuliert, das Weiße Haus könne deshalb an einem Erfolg der Ellison-Familie interessiert sein.
Zu den Finanziers des Paramount-Angebots gehört auch Jared Kushner, der Schwiegersohn von Donald Trump, mit seiner Investmentfirma Affinity Partners, wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung berichtet. Das Bieterkonsortium hat sein Angebot inhaltlich angepasst: Die an dem Deal beteiligten Staatsfonds von Abu Dhabi, Katar und Saudi-Arabien sollen keinen Sitz im Verwaltungsrat erhalten, die chinesische Firma Tencent ist nicht mehr beteiligt.
Sorgen in Hollywood und bei Nachrichtensendern
Unter Filmschaffenden in Hollywood hatte sich angesichts der geplanten Übernahme durch Netflix Frust breitgemacht. Zahlreiche prominente Persönlichkeiten, darunter der ehemalige Warner Bros.-Chef Jason Kilar und der "Titanic"- und "Avatar"-Regisseur James Cameron, warnten vor einem "Desaster" für Kreative. Sie befürchten eine weitere Konsolidierung sowie eine Stärkung von Netflix' Position als Konkurrent der Filmtheater.
Paramount-Chef David Ellison hingegen erklärte, er wolle Hollywood "retten". Mit dem Netflix-Deal würde der Streaming-Pionier die Kontrolle über eines der wertvollsten Film- und Fernseharchive Hollywoods erlangen, zu dem unter anderem die Rechte an "Harry Potter" und den "Batman"-Comics gehören.
Bei CNN hatte man zunächst aufgeatmet, als der Netflix-Deal bekannt wurde. Eine weitere Übernahme eines großen Medienkonzerns durch Verbündete Trumps schien abgewendet. Mit dem neuen Paramount-Angebot ist nun wieder alles offen.
Einem Bericht des Guardian zufolge hatte Trump vorab mit Larry Ellison über CNN-Moderatorinnen gesprochen, die er gern gefeuert sähe. Medienberichten zufolge hatten sich die Ellisons bereits beim Justizministerium beschwert – unter anderem bei Trump persönlich –, dass der Netflix-Warner-Deal aus kartellrechtlicher Sicht bedenklich sei.
Der Chefanwalt von Paramount ist Makan Delrahim, der ehemalige Direktor der Kartellrechtsbehörde unter der ersten Trump-Regierung. Sollte es bei Netflix bleiben, könnte Paramount beim US-Justizministerium Einspruch einlegen.
Aus kartellrechtlicher Sicht wäre allerdings auch eine Paramount-Übernahme problematisch. Ein solcher Deal würde die großen Hollywoodstudios von zurzeit fünf auf vier reduzieren. Angeblich wollen die Ellisons zudem CNN mit CBS fusionieren.
Die Medienlandschaft in den USA steht vor weitreichenden Veränderungen. Wie der Deal ausgeht und welche Rolle politische Erwägungen dabei spielen werden, ist derzeit offen.