Noch nie waren Nahrungsmittel so teuer wie <b style="color:#ffffff; background:#b91109; padding: 2px 4px 1px 4px; border-radius: 3px; -webkit-box-decoration-break: clone; box-decoration-break: clone; ">in den vergangenen Monaten</b>. Der Kriegsbeginn in der Ukraine hat die Preise enorm ansteigen lassen. Das zeigt der Nahrungsmittelpreisindex der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (Fao) – er erreichte im März 2022 den höchsten Wert, seit er erhoben wird.
<b style="color:var(--z-background-primary); background:#f76906; padding: 2px 4px 1px 4px; border-radius: 3px;">Seit Mitte 2020</b> steigen die Nahrungsmittelpreise kontinuierlich an. Schon im Januar dieses Jahres — vor Beginn des Kriegs — haben sie ein Rekordniveau erreicht.
Von Februar auf März gab es erneut einen sprungartigen Preisanstieg von 13 Prozent. Seitdem liegen die Preise deutlich über dem <b style="color:#000000; background:#f1f1f1; padding: 2px 4px 1px 4px; border-radius: 3px; -webkit-box-decoration-break: clone; box-decoration-break: clone; ">Niveau der vergangenen zehn Jahre</b>.
Die Prognosen für die globale Ernährungssituation sind so schlecht wie lange nicht mehr. "Wir stehen vor einer Hungersnot ungeahnten Ausmaßes", schrieb UN-Generalsekretär António Guterres im Vorwort des Berichts zu globalen Hungerkrisen, der Anfang Mai von einer globalen Allianz aus internationalen Regierungs- und Nichtregierungsorganisationen veröffentlicht wurde. "Millionen von Menschenleben und Existenzen stehen auf dem Spiel."
193 Millionen Menschen erlebten 2021 eine Hungerkrise.
Im Bericht sind Hungerkrisen über die IPC/CH-Klassifizierung definiert: Von einer Hungerkrise spricht man dann, wenn die Versorgungslücken der Menschen so groß sind, dass sie mit akuter Unterernährung einhergehen. Im Jahr 2018 waren nach dieser Definition noch 113 Millionen von Hunger betroffen. Innerhalb von drei Jahren ist die Zahl der hungerleidenden Menschen um 80 Millionen gestiegen. Laut den jüngsten UN-Prognosen sind aktuell 750.000 Menschen vom Hungertod bedroht.
Die Ausweitung der Hungerlage steht im starken Kontrast zu den Entwicklungszielen der Vereinten Nationen. Denn laut Entwicklungszielen sollten Hunger, Enährungsunsicherheit und jede Form von Mangelernährung bis 2030 beendet werden.
Der Bericht zu globalen Hungerkrisen nennt drei Hauptgründe für den extremen Anstieg: eine Vielzahl von Konflikten, die in verschiedenen Ländern direkt die Ernährungssicherheit bedrohen; wirtschaftliche Erschütterungen, insbesondere durch die Covid-Pandemie bedingt, und Wetterextreme, die durch den Klimawandel wahrscheinlicher werden.
Prognostizierte Hungerkrisen
Anzahl der Menschen, deren Versorgung
2022 als krisenhaft, in Notlage oder
katastrophal eingeschätzt wird
0,5 Mio.
1 Mio.
3 Mio.
5 Mio.
10 Mio.
15 Mio.
Nicht analysiert
Daten ungenügend
Keine Prognose
Quelle: GRFC 2022, Integrated Food Security
Phase Classification (IPC)/Cadre Harmonisé (CH)
Prognostizierte Hungerkrisen
Anzahl der Menschen, deren Versorgung
2022 als krisenhaft, in Notlage oder
katastrophal eingeschätzt wird
0,5 Mio.
1 Mio.
3 Mio.
5 Mio.
10 Mio.
15 Mio.
Nicht analysiert
Daten ungenügend
Keine Prognose
Quelle: GRFC 2022, Integrated Food Security
Phase Classification (IPC)/Cadre Harmonisé (CH)
Prognostizierte Hungerkrisen
Anzahl der Menschen, deren Versorgung 2022 als krisenhaft, in Notlage oder katastrophal eingeschätzt wird
Nicht analysiert
Daten ungenügend
0,5 Mio.
1 Mio.
3 Mio.
5 Mio.
10 Mio.
15 Mio.
Keine Prognose
Quelle: GRFC 2022, Integrated Food Security Phase Classification (IPC)/Cadre Harmonisé (CH)
Prognostizierte Hungerkrisen
Anzahl der Menschen, deren Versorgung 2022 als krisenhaft, in Notlage oder katastrophal eingeschätzt wird
Nicht analysiert
Daten ungenügend
0,5 Mio.
1 Mio.
3 Mio.
5 Mio.
10 Mio.
15 Mio.
Keine Prognose
Quelle: GRFC 2022, Integrated Food Security Phase Classification (IPC)/Cadre Harmonisé (CH)
Prognostizierte Hungerkrisen
Anzahl der Menschen, deren Versorgung 2022 als krisenhaft, in Notlage oder
katastrophal eingeschätzt wird
0,5 Mio.
1 Mio.
3 Mio.
5 Mio.
10 Mio.
15 Mio.
Nicht analysiert
Daten ungenügend
Keine Prognose
Quelle: GRFC 2022, Integrated Food Security Phase Classification (IPC)/Cadre Harmonisé (CH)
Prognostizierte Hungerkrisen
Anzahl der Menschen, deren Versorgung 2022 als krisenhaft, in Notlage oder
katastrophal eingeschätzt wird
0,5 Mio.
1 Mio.
3 Mio.
5 Mio.
10 Mio.
15 Mio.
Nicht analysiert
Daten ungenügend
Keine Prognose
Quelle: GRFC 2022, Integrated Food Security Phase Classification (IPC)/Cadre Harmonisé (CH)
Auch wenn der Ukraine-Krieg weit von den meisten Hungerkrisen entfernt stattfindet, spielt er bei den aktuellen Entwicklungen der Ernährungslage eine wichtige Rolle. UN-Generalsekratär António Guterres warnte, dass der Krieg in der Ukraine die Situation zusätzlich verschärfe — "mit verheerenden Folgen für die verwundbarsten Menschen, Länder und Volkswirtschaften der Welt".
Sowohl die Ukraine als auch Russland sind große landwirtschaftliche Produzenten und Getreideexporteure.
Beide Länder zählen zu den wichtigsten Exporteuren von <b style="color:#000000; background:#ff9400; padding: 2px 4px 1px 4px; border-radius: 3px;">Weizen</b>. Gemeinsam waren sie 2021 für etwa ein Viertel der globalen Weizenexporte verantwortlich. Russland war in den vergangenen Jahren sogar das Land, das weltweit am meisten exportiert hat.
Außerdem waren Russland und die Ukraine im vergangenen Jahr unter den fünf größten Exporteuren von <b style="color:#ffffff; background:#866a46; padding: 2px 4px 1px 4px; border-radius: 3px;">Gerste</b>. Der gemeinsame Anteil beläuft sich auf etwa 25 Prozent.
Beim <b style="color:#000000; background:#ffbb00; padding: 2px 4px 1px 4px; border-radius: 3px;">Mais</b> hingegen spielt die Ukraine eine größere Rolle als Russland. Sie verschiffte 2021 Mais im Wert von 5,9 Milliarden US-Dollar und war somit der drittgrößte Exporteur der Welt.
Seit Kriegsbeginn ist die landwirtschaftliche Produktion in der Ukraine schwer beeinträchtigt. Die Kriegshandlungen reichen oft tief in die Gebiete der Ukraine hinein, in denen am meisten angebaut wird.
Weizen in der Ukraine
Anteil an der nationalen Gesamtproduktion
2021 nach Regionen in Prozent
Quelle: USDA
Weizen in der Ukraine
Anteil an der nationalen Gesamtproduktion
2021 nach Regionen in Prozent
Quelle: USDA
Weizen in der Ukraine
Anteil an der nationalen Gesamtproduktion 2021 nach Regionen in Prozent
Quelle: USDA
Weizen in der Ukraine
Anteil an der nationalen Gesamtproduktion 2021 nach Regionen in Prozent
Quelle: USDA
Quelle: USDA
Große Teile der Weizenanbaufläche befinden sich in der südöstlichen Landeshälfte der Ukraine.
Weizen in der Ukraine
Anteil an der nationalen Gesamtproduktion 2021 nach Regionen in Prozent
Quelle: USDA, Institute for the study of war, AEI Critical Threats Project
Weizen in der Ukraine
Anteil an der nationalen Gesamtproduktion
2021 nach Regionen in Prozent
Quelle: USDA, Institute for the study of war,
AEI Critical Threats Project
Weizen in der Ukraine
Anteil an der nationalen Gesamtproduktion
2021 nach Regionen in Prozent
Quelle: USDA, Institute for the study of war,
AEI Critical Threats Project
Weizen in der Ukraine
Anteil an der nationalen Gesamtproduktion 2021 nach Regionen in Prozent
Quelle: USDA, Institute for the study of war, AEI Critical Threats Project
In vielen Regionen, in denen besonders viel Weizen angebaut wird, finden derzeit Kriegshandlungen statt.
Mais in der Ukraine
Anteil an der nationalen Gesamtproduktion
2021 nach Regionen in Prozent
Quelle: USDA
Mais in der Ukraine
Anteil an der nationalen Gesamtproduktion
2021 nach Regionen in Prozent
Quelle: USDA
Mais in der Ukraine
Anteil an der nationalen Gesamtproduktion 2021 nach Regionen in Prozent
Quelle: USDA
Quelle: USDA
Mais in der Ukraine
Anteil an der nationalen Gesamtproduktion 2021 nach Regionen in Prozent
Quelle: USDA
Der Maisanbau hingegen konzentriert sich eher auf das Zentrum und die nördlichen Regionen des Landes.
Mais in der Ukraine
Anteil an der nationalen Gesamtproduktion
2021 nach Regionen in Prozent
Quelle: USDA, Institute for the study of war,
AEI Critical Threats Project
Mais in der Ukraine
Anteil an der nationalen Gesamtproduktion 2021 nach Regionen in Prozent
Quelle: USDA, Institute for the study of war, AEI Critical Threats Project
Mais in der Ukraine
Anteil an der nationalen Gesamtproduktion
2021 nach Regionen in Prozent
Quelle: USDA, Institute for the study of war,
AEI Critical Threats Project
Mais in der Ukraine
Anteil an der nationalen Gesamtproduktion 2021 nach Regionen in Prozent
Quelle: USDA, Institute for the study of war, AEI Critical Threats Project
Also Gebiete, die vor allem in der ersten Phase des Krieges betroffen waren.
Trotzdem leiden auch diese Regionen noch unter dem Krieg und können nicht wie in Friedenszeiten produzieren: Viele Felder sind von den abziehenden russischen Truppen vermint worden, landwirtschaftliche Maschinen wurden im Krieg zerstört, Arbeitskräfte sind geflohen und noch nicht wieder zurückgekehrt.
Josef Schmidhuber ist Ökonom und stellvertretender Direktor der Abteilung Handel und Märkte bei der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (Fao). Er schätzt, dass die Getreideproduktion in der Ukraine von 86 Millionen Tonnen auf 50 Millionen Tonnen einbrechen wird. Das sind 36 Millionen Tonnen weniger als im Vorjahr.
Die russische Produktion ist hingegen nicht vom Krieg betroffen. Im Gegenteil: Das US-amerikanische Landwirtschaftsministerium (USDA) schätzt die diesjährige Weizenernte in Russland auf 80 Millionen Tonnen, ein Anstieg um sechs Prozentpunkte zum Vorjahr. Auch die Gerstenproduktion steigt 2022 laut Prognosen des USDA um 1,5 Millionen Tonnen auf sechs Millionen Tonnen an. Eine Steigerung um 25 Prozentpunkte zum Vorjahr.
Schwerwiegender noch als die Produktionsausfälle wirkt sich der Einbruch des Exports aus, der durch den Ukraine-Krieg bedingt ist. "Das grundsätzliche Problem hat weniger mit der Verfügbarkeit oder der Produktion von Getreide zu tun, als vielmehr mit dem Zugang zum Getreide", sagt Fao-Ökonom Josef Schmidhuber. "Durch den Krieg ist es logistisch schwierig, die produzierte Getreidemenge auf den Weltmarkt zu bekommen."
ca. 23 Millionen Tonnen Getreide befinden sich noch in ukrainischen Lagern.
Die vorhandenen Mengen könnten eigentlich exportiert werden und müssten das auch, damit genug Lagerkapazitäten frei werden, um die bald anstehende Ernte unterzubringen.
Hauptproblem für den Export aus der Ukraine sind im Moment die Häfen im Schwarzen Meer, die von der russischen Schwarzmeerflotte blockiert werden. Die ukrainischen Streitkräfte haben sie zusätzlich mit Seeminen vermint, um einen russischen Angriff über das Meer zu verhindern. Die Häfen liegen deswegen im Moment still.
95 % der ukrainischen Getreideexporte laufen laut USDA normalerweise über die Häfen im Schwarzen Meer.
Seit einigen Tagen kommt möglicherweise Bewegung in die seit Kriegsbeginn anhaltende Blockade der Häfen. Die Türkei und Russland verhandeln weiter über einen Getreidekorridor, der den Getreideexport über das Schwarze Meer ermöglichen soll. Der russische Außenminister Sergei Lawrow ist deswegen nach Ankara gereist. Der Plan sieht vor, die Passage für Frachtschiffe unter türkischen Geleitschutz zu ermöglichen und den Hafen von Odessa von Minen zu befreien. Die Ukraine nahm nach eigenen Angaben nicht direkt an den Verhandlungen teil und steht dem Plan skeptisch gegenüber.
Mehrere ukrainische Regierungsmitglieder äußerten die Befürchtung, dass die Öffnung der Häfen für einen russischen Angriff auf dem Seeweg genutzt werden könnte. "Wir können Putin nicht trauen, seine Worte sind leer", twitterte der ukrainische Außenminister Dmitri Kuleba. Die Zusage, Odessa nicht anzugreifen, stamme vom selben Mann, der Versprochen habe, die Ukraine nicht anzugreifen.
Andere Exportwege per Lkw, Zug oder mit kleineren Frachtschiffen über die Donau können den Weg über das Schwarze Meer nicht ausgleichen. Die Kapazitäten sind nicht mit den riesigen Meeresfrachtern vergleichbar. Außerdem käme es zu logistischen Problemen wegen zerstörter Infrastruktur oder unterschiedlicher Eisenbahnspurbreiten in den Nachbarländern der Ukraine. "Wenn der Export nicht über die ukrainischen Häfen läuft, könnten pro Monat nach Schätzungen nur etwa 400.000 bis 700.000 Tonnen Getreide exportiert werden", sagt Fao-Ökonom Schmidhuber.
Der aktuelle Getreideexport aus Russland ist deutlich schwieriger einzuschätzen. Landwirtschaftliche Exporte sind explizit von den Sanktionen ausgenommen, allerdings machen die Finanzsanktionen den Handel komplizierter. Mitte März hat die russische Vizeministerpräsidentin Wiktorija Abramtschenko zudem angekündigt, dass Russland die Getreideexporte bis Ende Juni vorübergehend aussetzen wolle — allerdings mit Ausnahmen: Im Rahmen einzelner Lizenzen sei die Getreideausfuhr weiterhin erlaubt.
Expertinnen und Experten sehen in der Ankündigung eine Nebelkerze. Denn die Exportzahlen aus Russland scheinen bislang nicht nach unten zu gehen. Die Nachrichtenagentur Bloomberg berichtete (unter Berufung auf den Logistikdienstleister Logistics OS), dass im April 2,1 Millionen Tonnen Weizen aus Russland exportiert wurden. Das US-Landwirtschaftsministerium (USDA) prognostizierte im Mai für dieses Jahr sogar einen Anstieg der russischen Exporte um sechs Millionen Tonnen im Vergleich zum Vorjahr.
Ob die Exporte allerdings in diesem Umfang weitergehen werden, ist schwer abzusehen. Der Exportstopp ist ein Mittel der russischen Regierung, um Druck auf andere Regierungen auszuüben. Beim Weltwirtschaftsgipfel in Davos im Mai warnte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen davor, dass Russland Weizen gegen politische Unterstützung tauschen wolle.
Und in der Tat sind viele Länder direkt von russischen und ukrainischen Exporten abhängig:
Mit Blick auf akute Hungerkrisen relativiert sich die Bedeutung der Direktimporte aus der Ukraine und Russland allerdings ein wenig: "Auch wenn viele Länder fast ihren gesamten Weizen aus der Ukraine oder Russland importieren, heißt das nicht, dass die Bedeutung von Weizen dort besonders hoch für die Ernährungssicherheit ist", sagt Josef Schmidhuber, Ökonom bei der Fao. Weizen sei in vielen Ländern mit akutem Hungerproblem kein Grundnahrungsmittel, insbesondere in Afrika südlich der Sahara. "Der Ausfall muss also nicht zwingend zum Problem für akute Hungerkrisen werden."
Entscheidender für die Entwicklung der weltweiten Hungersituation ist der Anstieg des Weltmarktpreises für Weizen und andere Getreide, der durch den Krieg verschärft wird. Denn durch die gestiegenen Weltmarktpreise fällt es schwächeren Volkswirtschaften zunehmend schwerer, Getreide zu importieren.
Der Cereal Price Index der Fao bildet die weltweite Entwicklung der <b style="color:#000000; background:#ff9400; padding: 2px 4px 1px 4px; border-radius: 3px;">Getreidepreise</b> ab. Schon mit der Pandemie sind die Getreidepreise stark angestiegen. Mit dem Kriegsausbruch im Februar erreichten sie im März 2022 ein Rekordniveau.
Getreide werde als Futtermittel in der Viehzucht verwendet und beeinflusst damit unmittelbar den Preis von <b style="color:#ffffff; background:#2aa374; padding: 2px 4px 1px 4px; border-radius: 3px;">Milch</b> und <b style="color:#ffffff; background:#c13197; padding: 2px 4px 1px 4px; border-radius: 3px;">Fleischprodukten</b>.
Besonders hart von den Steigerungen der Preise sind all jene Länder betroffen, die selbst kaum Getreide produzieren und deshalb Getreide am Weltmarkt zu sehr hohen Preisen importieren müssen. Darunter sind viele Länder, die akut von Hungerkrisen betroffen sind. Sie sind den Preisentwicklungen direkt ausgeliefert, wenn ihnen das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen nicht hilft.
Die Verknappung des Getreides durch den Exportstopp in der Ukraine könne den starken Preisanstieg allerdings nicht allein erklären, sagt Fao-Ökonom Schmidhuber. Der Krieg beeinflusst auch andere Entwicklungen, die die Weltmarktpreise nach oben treiben.
Die gestiegenen Energiekosten etwa sind ein enorm wichtiger Faktor. Die Landwirtschaft ist relativ energieintensiv und extrem von fossilen Energiequellen abhängig. Seit Beginn des Kriegs in der Ukraine sind die Energiekosten stark gestiegen.
Betrachtet man den Weizenpreis, erkennt man, dass er langfristig an die Energiepreise gekoppelt ist. Die Kosten für die Produzentinnen und Produzenten steigen, Maschinen und Fertigungsanlagen hängen stark von fossilen Energiequellen ab.
Neben den gestiegenen Energiekosten für die Produzentinnen und Produzenten treiben die steigenden Energiepreise die Getreidepreise noch auf anderem Weg in die Höhe. "Mit hohen Energiepreisen steigt auch die Verwendung von Nahrungsmitteln im Energiesektor an", sagt Josef Schmidhuber.
Wenn die Energiepreise steigen, wird es für Landwirtinnen und Landwirte immer attraktiver, ihre Güter für die Produktion von Biokraftstoffen zu verkaufen. Sie werden immer stärker zu Energieproduzenten, wodurch das Angebot auf dem Nahrungsmittelmarkt sinkt. Die Preise des Nahrungsmittelmarkts werden so von den Energiepreisen hoch gehalten.
Der Krieg hat auch die ohnehin hohen Düngerpreise noch einmal enorm steigen lassen. Sie hängen ebenfalls an den Energiepreisen:
Aufgrund der hohen Nachfrage ist der <b style="color:#ffffff; background:#7e3bff; padding: 2px 4px 1px 4px; border-radius: 3px;">Gaspreis</b> bereits in den vergangenen beiden Jahren angestiegen, war aber vor Kriegsbeginn wieder zurückgegangen. Der Krieg hat den Preis schließlich in die Höhe schießen lassen.
Ähnlich hat sich der <b style="color:#ffffff; background:#6b7775; padding: 2px 4px 1px 4px; border-radius: 3px;">Kohlepreis</b> entwickelt. Auch er ist seit Mitte Februar drastisch gestiegen.
Dadurch ist der <b style="color:#000000; background:#01cbdb; padding: 2px 4px 1px 4px; border-radius: 3px;">Düngerpreis</b> auf ein Zehnjahreshoch gestiegen. Denn die Herstellung von Stickstoffdüngern ist extrem energieintensiv und damit an Energiepreisentwicklungen gekoppelt.
"Stickstoffdünger ist im Prinzip nichts anderes als veredelte Energie, insbesondere Energie in Form von Erdgas", sagt Josef Schmidhuber. Das ist einer der Gründe dafür, dass Russland einer der größten Exporteure von Düngemitteln auf dem Weltmarkt ist.
Russlands Einfluss auf den
Düngermarkt
Anteil am weltweiten Export von Dünger
Stickstoffdünger
17,2%
Russland
14,9%
China
7,7%
EU-27
6,8%
Katar
6,2%
Oman
Phosphordünger
28,4%
China
18,9%
Marokko
13,9%
Russland
8,6%
S.-Arabien
USA
7,9%
Kaliumdünger
39,7%
Kanada
24,0%
Russland
19,3%
Belarus
6,3%
USA
2,3%
EU-27
Stand: 2021
Quelle: FAO
Russlands Einfluss auf den
Düngermarkt
Anteil am weltweiten Export von Dünger
Stickstoffdünger
17,2%
Russland
14,9%
China
7,7%
EU-27
6,8%
Katar
6,2%
Oman
Phosphordünger
28,4%
China
18,9%
Marokko
13,9%
Russland
8,6%
S.-Arabien
7,9%
USA
Kaliumdünger
39,7%
Kanada
24,0%
Russland
19,3%
Belarus
6,3%
USA
2,3%
EU-27
Stand: 2021
Quelle: FAO
Russlands Einfluss auf den Düngermarkt
Anteil am weltweiten Export von Dünger
Stickstoffdünger
Phosphordünger
Kaliumdünger
Russland
China
Kanada
17,2%
28,4%
39,7%
China
Marokko
Russland
14,9%
18,9%
24,8%
EU-27
Russland
Belarus
7,7%
13,9%
19,3%
Katar
Saudi-Arabien
USA
6,8%
8,6%
6,3%
Oman
USA
EU-27
6,2%
7,9%
2,3%
Stand: 2021
Quelle: FAO
Russlands Einfluss auf den Düngermarkt
Anteil am weltweiten Export von Dünger
Stickstoffdünger
Phosphordünger
Kaliumdünger
Russland
China
Kanada
17,2%
28,4%
39,7%
China
Marokko
Russland
14,9%
18,9%
24,8%
EU-27
Russland
Belarus
7,7%
13,9%
19,3%
Katar
Saudi-Arabien
USA
6,8%
8,6%
6,3%
Oman
USA
EU-27
6,2%
7,9%
2,3%
Stand: 2021
Quelle: FAO
Neben den Energiereserven, die für die Produktion für Stickstoffdünger nötig sind, verfügt Russland außerdem über große natürliche Ressourcen, um Kalium und Phosphordünger herzustellen. Bauern weltweit sind von russischen Düngerexporten abhängig — ein weiterer politischer Hebel in den Händen der russischen Regierung. (Dafür ist Russland von Saatgut aus anderen Ländern abhängig.)
Mit Blick auf die teuren Weltmarktpreise für Getreide und die akuten Hungerkrisen ist die aktuelle Situation gefährlich. Um das weltweite Angebot zu steigern und so die Getreidepreise wieder zu senken, müssten Anreize für die Landwirtinnen und Landwirte geschaffen werden, mehr zu produzieren. Im Moment sind die Produktionskosten allerdings hoch dafür.
Laut Josef Schmidhuber von der Fao gibt es nur zwei Möglichkeiten, wie sich die Situation entwickeln kann: "Entweder werden die Produktionskosten für die Landwirte niedriger, also Düngerpreise und Energiekosten fallen." Ein Szenario, das wohl mit einem Kriegsende zusammenfiele. "Oder die Nahrungsmittelpreise steigen weiter." Das hätte wiederum Auswirkungen auf globale Hungerkrisen.