Das BSW hat sich in Magdeburg zum Parteitag zusammengefunden. Es geht um Grundsätzliches. Doch statt wirklicher Aufarbeitung, verliert sich die Partei im Klein-Klein.
Neuer Name, neue Führung – alles auf Anfang? Das Bündnis Sahra Wagenknecht bespricht in Magdeburg auf seinem dritten Bundesparteitag in der Geschichte der Partei Grundsätzliches. Verliert sich dabei aber in Details. Dabei geht es der vor zwei Jahren gegründeten Partei alles andere als gut: Das BSW befindet sich aktuell in einer kritischen Lage.
Da wären zum Beispiel die schwindenden Wählerstimmen. Ist das BSW Anfang des Jahres bei der Bundestagswahl noch knapp an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert, steht es jetzt in Umfragen teilweise nur noch bei 3,7 Prozent.
"Der Zuspruch für uns ist auch deshalb gesunken, weil unser Profil nicht mehr klar erkennbar war", sagte BSW-Gründerin
Das Scheitern bei der Bundestagswahl hat jedoch noch eine andere Auswirkung: weniger Finanzmittel, Ressourcen, keine Abgeordneten-Diäten. All das könnte das BSW zum weiteren Partei-Aufbau gut gebrauchen.
Dass das BSW nicht in den Bundestag eingezogen ist, will die Partei allerdings weiterhin nicht akzeptieren. Ein Problem, mit dem sich die Wagenknecht-Partei derzeit befasst, auf das der Parteitag auch klar zugeschnitten ist.
Das BSW ringt weiter um eine Neuauszählung
"Heute beginnt unser neues Kapitel", ist in einem Kurzfilm zu Beginn des Parteitags zu hören – unter großem Jubel läutet das BSW damit offiziell den Gang nach Karlsruhe vor das Bundesverfassungsgericht ein. Lediglich 9.529 Stimmen fehlten dem BSW bei der Bundestagswahl im Februar. Ein solch knappes Ergebnis hat es bei einer Bundestagswahl noch nie gegeben. Seitdem sucht die Partei verzweifelt nach Stimmen.
Der Wahlprüfungsausschuss hat die Rufe von Wagenknecht und ihren Mitgliedern in dieser Woche abgeschmettert. Es gibt keine Empfehlung seitens des Ausschusses an den Bundestag, die Wahl neu auszuzählen.
Doch einen kleinen Gewinn kann Wagenknecht trotzdem verbuchen: Der Ausschuss trat noch vor ihrem Parteitag zusammen. Umso pointierter nun die Diskussion in Magdeburg.
Co-Parteivorsitzende
Die Koalition will der Ansicht des BSW nach aus Eigennutz eine Neuauszählung vermeiden, Grüne und Linke würden sich hinter ihrer Brandmauer verstecken, anstatt aufzudecken, was Schwarz-Rot vertuschen will.
Das BSW bereitet eine Klage für das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe vor. Doch dieses Verfahren könnte sich ziehen.
Wagenknecht zieht sich aus Parteivorsitz zurück – mit Folgen?
Grundsätzlich wird es auf dem Parteitag dann erst am Samstagabend: Um die Partei zurück auf Kurs zu bringen, will sich Parteigründerin Sahra Wagenknecht künftig aus dem Parteivorsitz zurückziehen. Zu eingebunden in Organisatorisches sei sie gewesen, zu wenig Zeit für inhaltliche Arbeit sei ihr geblieben.
Dafür wird auf dem Parteitag formal Platz für eine Grundwertekommission gemacht, die Wagenknecht leiten will – und ein Nachfolger gewählt: EU-Politiker Fabio De Masi. Er wird künftig an der Seite von Amira Mohamed Ali das BSW führen, die im Amt bestätigt wurde.
"Ich bin sehr froh, dass ich Fabio De Masi überzeugen konnte, heute als mein Nachfolger zu kandidieren", macht Wagenknecht am Samstag deutlich. Auch wenn es nicht der Lebenstraum De Masis gewesen sei, sei er ein "großer Gewinn" für das BSW.
De Masi sagt dazu: "Ich weiß, dass ich in sehr große Fußstapfen trete." Er wisse auch, dass das BSW Wagenknecht ein Gewicht auf die Schultern gepackt habe, das kein Mensch allein tragen sollte. Um die Wähler nicht zu enttäuschen, habe er sich schließlich zum Vorsitz bereiterklärt.
Der brisante Vorsitzwechsel könnte Folgen für das BSW haben: Bei etwa der Hälfte der Deutschen würde die Bereitschaft, ihr Kreuz dem BSW zu geben, sinken, sollte Wagenknecht die Parteiführung abgeben. Das zeigte eine repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstitut "Civey" im Auftrag unserer Redaktion Anfang November.
Die kontroverse Namensänderung
Bislang war Wagenknecht auch Namensgeberin des BSW. Doch auch das soll sich bald ändern – allerdings wohl nicht so schnell, wie zunächst angenommen.
Hier wird es in Magdeburg erstmals hitzig: Die Partei will sich zwar vom Namen der Politikerin trennen, die Abkürzung BSW soll aber bleiben. Wie sie künftig heißen will, darüber sind sich ihrer Mitglieder aber zunächst uneins. Kritik gibt es etwa daran, dass der Parteivorstand nur einen Vorschlag aus mehr als 3.000 Zuschriften ausgesucht habe. Deshalb gibt es auch noch zwei Gegenvorschläge, über die auch abgestimmt wird.
Letztlich klar gewonnen hat aber dann doch der Vorschlag des Vorstands: Künftig wird das BSW nach Beschluss auf dem Parteitag "Bündnis Soziale Gerechtigkeit und Wirtschaftliche Vernunft" heißen.
Statt zum 1. April 2026 soll diese Änderung nun jedoch erst am 1. Oktober kommenden Jahres greifen – und damit nach den fünf Landtagswahlen, die für das BSW wichtig sind.
Wenig Diskussion über Grundsätzliches, viel Klein-Klein: Was bleibt
Die nicht ganz unwichtige Namensänderung wird auf dem Parteitag eher beiläufig beschlossen – nachdem die Partei viel Zeit für inhaltliche Details aufgewendet hat.
Eine ebenso kleine Randnotiz stellt am Samstag die Selbstkritik dar. Schließlich wurde dem BSW in der Vergangenheit vorgeworfen, nur ein exklusiver Kreis zu sein. Die Partei hatte in der Anfangsphase eine restriktive Mitgliederaufnahme befolgt, was einige frustriert hatte und damit die Zustimmungswerte unter Umständen beeinflusst hat. "Wachstumsschmerzen" nennt der ehemalige BSW-Generalsekretär Christian Leye solche Fehler.
Sahra Wagenknecht gibt ebenfalls zu, dass nicht alles glattgelaufen sei in der Gründungsphase – das müsse man der Partei aber einfach verzeihen. Schuld bei sich selbst suchen? Fehlanzeige.
Man könnte den Eindruck gewinnen, dass immer die anderen Schuld sind an den schlechten Zustimmungswerten. Die schwarz-rote Koalition, die eine Neuauszählung verschleppe, die Medien, die die Partei herunterschreiben würden. Abhilfe erhofft sich das BSW jetzt davon, Mitglieder schneller und vor allem unbegrenzt aufzunehmen – und von Wagenknechts Grundwertekommission.
Empfehlungen der Redaktion
Mit einem neuen Vorstand und einem neuen Namen hat das BSW seine Karten neu gemischt. Entscheidend dürften nun erstmal die bevorstehenden Landtagswahlen in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern sein.
Verwendete Quellen
- Besuch des Parteitags
- Material von dpa und afp
- Wahlumfrage