100 Jahre Rallye Monte Carlo "Ein Fehler und du landest in der Schlucht"
Walter Röhrl und Jochen Berger im Opel Commodore: "Ich war zwar noch ziemlich wild, aber das Auto steht schon ganz gut auf der Linie. Schade, dass ich vorne rechts einen Granitbrunnen getroffen hatte. Mit dem 160-PS-Einspritzer, der kurzen Achse und dem Vierganggetriebe ging der Opel ganz gut. Er war mit dem langen Radstand leicht zu fahren", erinnert sich Walter Röhrl an seine erste Rallye Monte Carlo im Jahr 1973.
Minutenschlaf im Auto: "Das war der Standard in einem Weltmeisterschaftsteam 1976. Der Minutenschlaf zwischen den einzelnen Wertungsprüfungen, wenn die anderen Service machten, war bitter nötig", erinnert sich Röhrl. Oft dauerten die Etappen einer Rallye bis zu 40 Stunden - der kurze Schlaf zwischen den einzelnen Prüfungen war alles, was blieb.
Waghalsige Manöver: "Die Monte Carlo 1976 war eine meiner besten. Da wurden wir Vierte hinter drei Stratos. Aber um das zu schaffen, musste ich sehr, sehr schnell fahren. Jochen, mein Beifahrer, wurde erstmals nervös. Für gemischte Prüfungen mit Eis und trockener Straße hatte ich hinten Spikes aufgezogen und vorne normale Racing. Da ging es dann mit vollem Rauch total quer ums Eck. Da hat Berger gesagt: 'Jetzt reicht's!'", erinnert sich Röhrl an die Rallye Monte Carlo 1976.
Kein Weiterkommen: "Da verliere ich gerade die Monte Carlo '78, die ich sonst souverän gewonnen hätte. Aber ich hing hinter Verini, der sich im Schnee festgefahren hatte, die Straße blockierte und alle aufhielt. Ich stand unter Strom, ich habe getobt, aber ich habe nicht aufgegeben. Aufstecken gab es nicht. Jede Bestzeit war eine Bestätigung und Befriedigung. Ich habe in dem Augenblick keine Enttäuschung empfunden oder gedacht, jetzt ist alles zu Ende. Aber nach dem Ziel war acht Tage Leid", sagt Röhrl über den verschenkten Sieg bei der Monte 1978.
Sieg auf Eis: "Ich hatte mich über verspätete Reifentests geärgert, war vorzeitig abgereist und hatte vor dem Start meinen Teamkollegen angedroht: 'Ich teste zwar nicht, aber ich schlage euch alle.' Damit hatte ich mich unheimlich unter Druck gesetzt. Ich war damals so: Von Selbstzweifeln gesteuert, aber manchmal befiel mich der Größenwahn", erinnert sich Röhrl an die Vorgeschichte zu seinem ersten Sieg bei der Rallye Monte Carlo 1980.
Champagnerdusche: "An den Sieg mit Opel 1982 gegen die Audi hatte ich überhaupt nicht geglaubt. Ich bin so schnell und riskant gefahren wie selten in meinem Leben. Als wir merkten, wir können denen was entgegensetzen, wir können kämpfen, da war das Gefühl überwältigend. Am letzten Morgen fuhren wir aus dem Dorf Loda heraus, da hat der Christian vor lauter Freude geweint. Es war unheimlich, keiner hat das geglaubt", sagt Röhrl über seinen überraschenden Monte-Sieg 1982 im unterlegenen Opel Ascona.
Gratwanderer: "Unser Ascona 400 war ein schönes Rallyeauto. Der Wagen ging gut mit dem 2,4-Liter-Motor, die Traktion war gut, das Getrag-Getriebe funktionierte gut. Das Paket hat mich beeindruckt. Kaum hatte ich aber bei Opel unterschrieben, rannte Sportchef Tony Falls mit meiner Unterschrift zum Sponsor Rothmans und hat mich denen mit Haaren und Unterhosen verkauft. Da gab's von der ersten Minute an Feuer. Er wollte vor der Monte mit mir Filmaufnahmen machen, aber ich bin in den Bayerischen Wald gegangen, zum Skilanglauf. Ich habe gesagt: 'Wenn ich gewonnen hab', dann könnt ihr mit mir was machen. Aber nicht vorher die großen Sprüche klopfen'", beschreibt Röhrl die Schattenseiten des Erfolges.
Herausforderung: "Die Monte bietet als einzige Rallye einen Mischmasch aus Asphalt und Eis. Deswegen gibt es bei der Rallye Monte Carlo auch die Schneespione. Das sind Leute, die vor den Fahrern die Strecke abfahren und genau sagen, wie die Streckenbedingungen sind. Für mich haben das immer Freunde oder Ex-Beifahrer gemacht, absolute Top-Leute, die jedes kleinste Detail in mein Roadbook geschrieben haben, nach dem ich gefahren bin. Ich habe denen immer gesagt, dass ich jedes noch so kleine Stückchen freien Asphalt eingetragen haben möchte. Wenn da vor der Kurve ein trockenes Stück ist, dann will ich das wissen - aber das muss dann auch da sein, weil ich nämlich dann auf dem Gas bleibe. Und wenn das Stück Asphalt nicht da ist, fliege ich 200 Meter tief in den Abgrund", erklärt Röhrl die Eigenheiten der Rallye Monte Carlo.
Skandal-Wagen: Louis Chiron sorgte in seinem 2,5-Liter-Lancia, hier beim Start der letzten Etappe, für einen handfesten Skandal bei der Monte '54. Es gab mehrere Beschwerden anderer Teilnehmer, dass Chiron mit diesem Fahrzeug gegen Regeln verstoßen hätte: Mindestens 500 Stück mussten von einem Auto gebaut worden sein, damit es für die Rallye zugelassen wurde. Der Streit um Chiron eskalierte so, dass der Prinz von Monaco die Preisverleihung und die Parade der Siegfahrzeuge vor seinem Palast absagte.
Ankunft: In den ersten Jahrzehnten ihrer hundertjährigen Geschichte hatte die Rallye Monte Carlo, hier 1953, wenig mit dem Hochleistungsevent zu tun, das man heute kennt. Stattdessen war es eine...
... eher gemächliche Veranstaltung gutsituierter Herrenfahrer, die mit große, schweren Limousinen aus allen Teilen Europas gen Monte Carlo brausten, hier 1954. Auch im sich immer wieder ändernden, vertrackten Regelwerk ...
... wurde diesem Gedanken Rechnung getragen. So gab es beispielsweise Extrapunkte für Komfort des Gefährts oder zusätzliche Mitfahrer, auch Gepäck konnte einen Bonus verschaffen.
Traumhochzeit: Insgesamt dreimal gewann ein Mini Cooper die Rallye Monte Carlo - und wurde so zur Legende. Das geringe Gewicht, gute Traktion durch Vorderradantrieb und die enorme Wendigkeit waren 1964, 1965 und 1965 schwer zu schlagende Argumente im Schnee der Monte. Allerdings gab es damals auch ein Handicap für hubraumstarke Autos - das Reglement verschaffte den kleinen Flitzern also auch auf dem Papier einen entscheidenden Vorteil.
Start in Deutschland: Früher war die Rallye Monte Carlo eine Sternfahrt mit Startpunkten in ganz Europa. Hier startet gerade ein BMW aus dem deutschen Hanau am 14. Januar 1967 in Richtung Monte Carlo. Die Sternfahrt war ein ...
... geschickter Schachzug: Durch die verschiedenen Startpunkte beispielsweise in London, Warschau, Rom, Athen, Lissabon, Bad Homburg, Paris und Hanau (Foto) war die Rallye jedes Jahr in ganz Europa ein Thema mit Riesenresonanz. Opel hatte in den siebziger Jahren eine Auswertung der Presseberichte über das Jahr gesehen gemacht. Von allen Rallyes des Jahres zusammengerechnet hat die Berichterstattung über die Monte 80 Prozent ausgemacht.