Julian Assange Die WikiLeaks-Odyssee
WikiLeaks-Gründer Julian Assange ist ein Mensch, der polarisiert. Die Zusammenarbeit mit ihm beschreibt "New York Times"-Chefredakteur Bill Keller nun in einem Buch, aus dem er Auszüge veröffentlicht hat. Assange ist über die Passagen, in denen er selbst beschrieben wird, wenig begeistert.
Assange teilt selbst gern aus, reagiert auf Kritik an seiner Person aber äußerst empfindlich. Die Zusammenarbeit mit mehreren internationalen Medien wurde für alle Beteiligten zur Geduldsprobe.
Die geheimen Depeschen des US-Außenministeriums analysierte der SPIEGEL unter anderem in einer Titelgeschichte und in einem Sonderheft.
Auch auf der Titelseite des "Guardian" erscheinen die Enthüllungsgeschichten, die auf den Daten basieren, die WikiLeaks veröffentlicht hat.
Mit der "New York Times" überwirft sich Assange im Laufe des Projekts. Zwischenzeitlich beschließt der Australier, die US-Tageszeitung vom Zugang zu den Botschaftsdepeschen auszuschließen, doch die britischen Kollegen versorgen die New Yorker mit den Unterlagen, auch der SPIEGEL erklärt sich solidarisch - zum Ärger Assanges, der sich aber schließlich beugt.
An der Veröffentlichung der US-Kabel sind auch die spanische Tageszeitung "El País"...
...und die französische Tageszeitung "Le Monde" beteiligt.
Julian Assange ist das Gesicht von WikiLeaks. Nach der Veröffentlichung der Botschaftsdepeschen ziehen sich bisherige Gönner allerdings zurück, und auch innerhalb der Organisation regt sich Widerstand gegen Assange.
Assange liebt den großen Auftritt, wie hier bei der Vorstellung der Irak-Dokumente in London im Oktober 2010. Bei den US-Kabeln wünschte sich Assange weniger Aufsehen, damit WikiLeaks "überlebt".
Eine der bekanntesten Veröffentlichungen von WikiLeaks ist das Video "Collateral Murder", das von der Bordkamera eines US-Kampfhubschraubers im Irak aus gefilmt worden ist. Die Aufnahme zeigt, wie die Besatzung des Helikopters im Juli 2007 das Feuer auf mehrere Menschen in Bagdad eröffnet, darunter zwei Mitarbeiter der Nachrichtenagentur Reuters.
Für US-Außenministerin Hillary Clinton war die Veröffentlichung der Botschaftsdepeschen eine Demütigung. Nie zuvor ist die Diplomatie eines Landes derart vorgeführt worden.
Viel zu erklären hatte auch Philip Murphy, US-Botschafter in Deutschland. Er fiel in den Depeschen durch markige Beurteilungen deutscher Politiker auf. "Mich macht das unglaublich wütend, und die deutsche Regierung hat ebenso Grund, sich zu ärgern über denjenigen, der die Dokumente heruntergeladen hat. Ich bin stinksauer", sagte Murphy dazu. "Ich kritisiere nicht den SPIEGEL und die Presse, die nur ihren Job macht. Ich kritisiere denjenigen, der dieses Material gestohlen hat."