Burma Gespenstische Ruhe in Rangun
Berlin - "In Myanmar ist wieder Normalität eingekehrt", so die Worte des burmesischen Außenministers U Nyan Win am Montagabend vor der Generalversammlung. Das ist der Eindruck, den die Sicherheitskräfte gerne erwecken wollen. Laut "New York Times" wurden die Stacheldrahtzäune von den Straßen entfernt und 70 Verhaftete wieder frei gelassen. Die Zeitung bezieht sich dabei auf das Exil-Internet-Portal Irrawaddy. Doch die Ruhe ist trügerisch.
Wo normalerweise tausende Mönche beten oder in Gruppen zusammenstehen, um sich zu unterhalten, patrouilliert nun das Militär. Bis zu 100.000 Demonstranten protestierten noch vergangene Woche in den Straßen von Rangun dann schlug die Militärregierung die Proteste gewaltsam nieder. Die Gewalt der Sicherheitskräfte richtet sich vor allem gegen die Mönche, die den Kern der Bewegung bildeten.
Ende vergangener Woche wurden hunderte Mönche aus den Klöstern abgeführt. Diplomaten sagten der Zeitung, sie hätten keine Ahnung über ihren Verbleib. Der oppositionelle Hörfunksender Democratic Voice of Burma geht von insgesamt 1600 Verhafteten aus, darunter 1400 Mönche. Der britische "Independent" zitiert einen Klosterältesten, nach dessen Angaben sogar 3000 Mönche festgenommen worden sein sollen, die in Camps festgehalten würden.
Im Schutz der Sperrstunde
"Die Mönche sind weg. Wir machen uns Sorgen um sie. Wir haben keine Ahnung, wo sie sind", sagte ein junger Touristen-Führer am Shwedagon-Tempel dem "Independent": "Es ist seltsam. Wir denken nicht, dass die Armee hier sein sollte." Als einziges Zeichen von Achtung gegenüber heiligsten Stätten haben die Soldaten ihre Schuhe ausgezogen und laufen barfuss. Der junge Führer erklärt weiterhin: "Wir denken, dass die Mönche weggebracht wurden und dass sie im Gefängnis sind."
Nachts, unter dem Schutz der Sperrstunde, griffen Soldaten die Klöster an, schüchterten die Mönche ein und nahmen sie fest, so die Darstellung des "Independent". Zahlreiche Zivilisten, nur bewaffnet mit Steinen und Stöcken, haben nach Angaben der Zeitung versucht, die Verfolgten zu beschützen, indem sie die Zugänge zu den Klöstern abzusperren versuchten.
Kaum Kontakt zur Außenwelt
Währenddessen schottet die Militärregierung das Land weiterhin von der Außenwelt ab. Die Internetverbindungen bleiben gekappt. Nach Angaben des "Independent" werden sogar Textnachrichten von Mobiltelefonen geblockt. Demonstranten haben in den vergangenen Tagen Informationen hauptsächlich über diese Kanäle in die ganze Welt verschickt. Wie die "New York Times" berichtet, wurden insgesamt mindestens vier Journalisten verhaftet. Zahlreiche weitere sollen festgenommen worden sein. Zehn Journalisten sollen nach Angaben der Zeitung angegriffen worden sein. Unter ihnen befanden sich Mitarbeiter der Agenturen Reuters und Agence France Press.
Nach offiziellen Angaben der Militärregierung sind bislang mindestens neun Menschen ums Leben gekommen. Der Sender Democratic Voice of Burma schätzt die Zahl der Toten hingegen auf mindestens 138, auch westliche Regierungen gehen von Zahlen aus, die deutlich über denen von der Militärregierung liegen. Die friedlichen Proteste begannen am 19. August nach einem starken Anstieg der Ölpreise. Vergangene Woche begann die Junta mit Gewalt gegen die Demonstranten vorzugehen.
nim