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Libyens Diktator Gaddafi sendet wirre Signale

Es war erneut eine bizarre Rede: Muammar al-Gaddafi hat sich zu einem Waffenstillstand bereiterklärt und die Nato zu Verhandlungen aufgerufen. Doch gleichzeitig schloss er seinen Rücktritt aus - denn er sei den Libyern "heiliger als der Kaiser von Japan für sein Volk".
Gaddafis TV-Auftritt: "Ich werde hier bis zum Tod kämpfen"

Gaddafis TV-Auftritt: "Ich werde hier bis zum Tod kämpfen"

Foto: MAHMUD TURKIA/ AFP
Dieser Beitrag stammt aus dem SPIEGEL-Archiv. Warum ist das wichtig?

Tripolis - Es ist nicht so, dass Muammar al-Gaddafi in Libyen noch so frei schalten und walten kann, wie er das über Jahrzehnte gewohnt war. Allerdings ist er auch nach wochenlangen Nato-Angriffen nicht so stark unter Druck, dass ein Ende seiner Herrschaft absehbar ist. Zwischen Gaddafis Truppen und den Rebellen herrscht eine Pattsituation: Keine Seite kann entscheidende Durchbrüche erzielen.

Gaddafi zeigt sich der Öffentlichkeit inzwischen nur noch selten. Doch am frühen Samstagmorgen trat er im Staatsfernsehen auf. In seiner mehr als einstündigen Rede, die live übertragen wurde, zeigte er sich aufgeschlossen für Verhandlungen mit der Nato. Er wäre auch zu einer Waffenruhe bereit, wenn sie alle Beteiligten einschließe, sagte Gaddafi. Erneut schloss er aus, sein Land freiwillig zu verlassen.

"Libyen ist für einen Waffenstillstand bereit, der aber nicht einseitig sein kann", sagte Gaddafi. Und weiter: "Wir wären die Ersten, die eine Waffenruhe akzeptieren (...), aber der Angriff der Nato-Kreuzfahrer hat nicht aufgehört."

Libyen könne seine eigenen Probleme lösen, sobald die Luftangriffe der Allianz eingestellt würden. "Wir sind bereit, mit Frankreich und den USA zu verhandeln, aber ohne Bedingungen", sagte er. "Wir ergeben uns nicht, aber ich rufe Sie auf, zu verhandeln. Wenn Sie das Öl wollen, werden wir Verträge mit Ihren Firmen abschließen, es ist nicht nötig, Krieg zu führen."

"Ich werde hier bis zum Tod kämpfen"

Die Libyer könnten ihre Probleme untereinander lösen, ohne zu kämpfen, sagte Gaddafi. "Ziehen Sie Ihre Flotten und Ihre Flugzeuge ab", forderte er die Nato auf. Die Rebellen im eigenen Land bezeichnete er erneut als "Terroristen", die nicht aus Libyen kämen, sondern aus Algerien, Ägypten, Tunesien und Afghanistan.

Gaddafi schloss einen Gang ins Exil erneut kategorisch aus: "Niemand kann mich dazu zwingen, mein Land zu verlassen, und niemand kann mir sagen, dass ich nicht für mein Land kämpfen soll." Die Nato müsse "jede Hoffnung auf einen Weggang Muammar Gaddafis aufgeben". "Ich habe keine offizielle Funktion, von der ich zurücktreten kann. (…) Ich werde hier bis zum Tod kämpfen."

Gaddafi betonte in seiner Rede, wie sehr ihn sein Volk liebe. Er sei für die Libyer "heiliger als der Kaiser von Japan für sein Volk". "Ich bin heilig für das libysche Volk, ich bin ein Symbol und ein Vater für sie." Der libysche Machthaber hielt die vom Fernsehen übertragene Rede während einer Feier anlässlich des 100. Jahrestags einer Schlacht gegen die damalige italienische Besatzungsmacht in Libyen.

Während Gaddafis Rede im Staatsfernsehen griff die Nato erneut Regierungsgebäude in der Hauptstadt Tripolis an. Dabei wurden nach Polizeiangaben drei Menschen verletzt. In einem angegriffenen Komplex ist auch die Behörde für Rundfunkübertragungen untergebracht. Ihre Büros blieben unbeschädigt.

dpa/dapd/Reuters/AFP