Syrien Dutzende Tote bei Massendemo in Hama
Protest in Syrien: Bereits seit März gibt es in vielen Städten des Landes Demonstrationen
Foto: ANDREW WINNING/ REUTERSNikosia - Während einer der größten Kundgebungen der seit zehn Wochen andauernden Proteste haben syrische Regierungstruppen erneut auf Demonstranten geschossen. Nach Angaben von Menschenrechtsaktivisten starben dabei allein in Hama mindestens 34 Menschen. "Es gibt viele Tote und Verwundete, das Krankenhaus ist voll", sagte ein Augenzeuge. "Ich bin weggerannt, aber ich kann noch immer Schüsse hören."
In der zentralsyrischen Stadt Hama demonstrieren demnach am Freitag mehr als 50.000 Menschen gegen die Regierung. Die Demonstranten in Hama seien getötet worden, als die Sicherheitskräfte zur Auflösung der Proteste in die Menge geschossen hätten, berichteten die Aktivisten. Dutzende Menschen seien verletzt worden. Ein Aktivist sprach von einem "regelrechten Massaker". Die Zahl der Toten könne wegen der vielen Verletzten weiter steigen, sagte der Vorsitzende des Syrischen Beobachtungszentrums für Menschenrechte, Rami Abdel-Rahman. Ein weiterer Zivilist sei zudem bei einer Demonstration im nordsyrischen Dorf Has getötet worden.
In Syrien nehmen immer mehr Menschen an den Protesten gegen die Herrschaft von Präsident Baschar al-Assad teil. In allen Teilen des Landes gingen nach Berichten von Bewohnern am Freitag wieder Zehntausende Menschen mit der Forderung nach demokratischen Reformen und dem Rücktritt Assads auf die Straße. Auch in Deir al-Sor im Osten des Landes schossen Soldaten mit scharfer Munition, um eine Demonstration aufzulösen. Das Regime blockierte in weiten Teilen von Syrien den Zugang zum Internet und ließ Orte beschießen, die als Zentrum der Revolte gelten.
Ban Ki Moon ist "alamiert"
Uno-Generalsekretär Ban Ki Moon zeigte sich angesichts der Eskalation der Gewalt "alarmiert", wie er über eine Sprecherin erklären ließ. Bei den Protesten seien seit Mitte März bereits mehr als 1000 Menschen ums Leben gekommen, davon allein 70 in der vergangenen Woche. Es war die erste offiziell von der Uno genannte Zahl zu Opfern der Proteste in Syrien. Besonders besorgt zeigte sich Ban auch über Berichte gefolterter und getöteter Kinder.
Die Demokratiebewegung hatte für Freitag zu Kundgebungen zum Gedenken an die seit Mitte März von den Sicherheitskräften getöteten Kinder aufgerufen. Das Uno-Kinderhilfswerk Unicef gibt ihre Zahl mit mindestens 30 an. Besonders bekannt ist der Fall des 13-jährigen Hamsa al-Chatib, der nach Angaben syrischer Aktivisten von Sicherheitskräften im südlichen Daraa gefoltert und getötet wurde. Syrische Medien wiesen die Foltervorwürfe als "erfundene Lügen" zurück.
Die Proteste reißen trotz der Freilassung Hunderter politischer Gefangener im Zuge einer Amnestie nicht ab. Die Opposition sprach sich am Donnerstag für die sofortige Amtsniederlegung und die Übergabe der Macht an den Vizepräsidenten aus. Dann müsse ein Rat den Übergang in die Demokratie vorbereiten, beschlossen etwa 300 im Exil lebende Oppositionelle auf einem zweitägigen Treffen in der Türkei.
1982 hatte die Regierung unter Hafis al-Assad, dem Vater des derzeitigen Staatschefs, einen Aufstand der Muslimbruderschaft in Hama blutig niedergeschlagen. Dabei hatte es 20.000 Tote gegeben.