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Türkei Weitere Festnahmen im Mordfall Dink

Nach der Ermordung des türkisch-armenischen Journalisten Hrant Dink in Istanbul hat die Polizei fünf weitere Verdächtige festgenommen. Die türkische Polizei habe Dink nicht geschützt, obwohl er Drohbriefe bekommen habe, kritisierte derweil der Direktor der Zentrums für Türkeistudien.
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Istanbul - Insgesamt acht Personen, die verdächtigt werden, den prominenten Journalisten und Herausgeber Hrant Dink gestern erschossen zu haben, befänden sich mittlerweile in Polizeigewahrsam. Das berichteten heute türkische Medien.

Istanbuls Provinzgouverneur Muammer Güler gab sich zuversichtlich, dass das Verbrechen bald aufgeklärt werde. Das war er allerdings auch schon gestern: "Die Aufklärung steht unmittelbar bevor. Wir haben klare Beweise", hatte Güler nach der Festnahme von drei Verdächtigen gesagt.

Hrant Dink hatte einst die Massaker an den Armeniern im Osmanischen Reich im Ersten Weltkrieg als "Völkermord" bezeichnet – und wurde deswegen seiner Meinung nach in der Türkei von nationalistischen Kreisen angefeindet. Diesen Vorwurf bestreitet die Türkei heftig.

"Er hat noch am 10. Januar Drohbriefe erhalten", sagte indessen der Direktor des Zentrums für Türkeistudien in Essen, Faruk Sen, in einem Interview mit dem Nachrichtenmagazin "Focus". Dink habe die Drohbriefe der Staatsanwaltschaft vorgelegt. "Aber die hat nichts unternommen", so Sen. Deswegen erhob Sen schwere Vorwürfe gegen die türkische Polizei. Es sei eine Schande, "dass die türkische Polizei ihn nicht geschützt hat".

Im vergangenen Jahr wurde der Journalist und Herausgeber der Wochenzeitung "Agos" wegen "Beleidigung des Türkentums" rechtskräftig zu einer Bewährungsstrafe von sechs Monaten verurteilt worden. Gestern wurde der auf offener Straße erschossen worden. Nach dem Mordanschlag zeigten türkische Fernsehsender Bilder einer Überwachungskamera, auf der der flüchtende Attentäter zu sehen ist. Gestern Abend demonstrierten mehrere tausend Menschen unter dem Slogan "Wir alle sind Hrant Dink" gegen den Mordanschlag. Auch heute fanden sich zahlreiche Menschen vor dem mit Blumen und Porträts des Ermordeten geschmückten Eingang der Zeitungsredaktion ein.

fba/dpa

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