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Schriftsteller Kermani lobt Merkel

Dieser Beitrag stammt aus dem SPIEGEL-Archiv. Warum ist das wichtig?

Der Schriftsteller Navid Kermani, 47, preist die Flüchtlingspolitik Angela Merkels: "Die Deutschen sollten froh sein über eine Bundeskanzlerin, die sich noch rühren lässt", schreibt er in einer Krisenreportage im Nachrichten-Magazin DER SPIEGEL. "Wenn spätere Zeiten etwas an ihr rühmen werden, dann ihren Impuls zu helfen, als die Not überhandnahm."

Dass Merkel für ihre Haltung auch kritisiert wird, nicht zuletzt in der eigenen Partei, wundert Kermani nicht: "Wo immer Politiker Größe bewiesen, mussten sie sich der Einwände ihrer Umgebung erwehren und sank ihre Popularität. Statt ausgerechnet jetzt an Angela Merkel herumzumäkeln, sollten wir für Europa eintreten, das diese Krise nur solidarisch bewältigen kann."

Dem deutsch-iranischen Intellektuellen Kermani wird am 18. Oktober in der Frankfurter Paulskirche der Friedenspreis des Deutschen Buchhandels überreicht. Für seine Reportage im SPIEGEL ist er auf dem Flüchtlingstreck von Budapest über den Balkan und die Insel Lesbos bis nach Assos in der Türkei gereist. Er ist Ärzten begegnet, die in ihrer Freizeit die Traumatisierten beruhigen, aber auch Fotoreportern, die für ein gutes Bild die Helfer wegscheuchen. Und natürlich Tausenden Flüchtlingen, aus Syrien, Irak, Afghanistan: "Sie sind der Einbruch der Wirklichkeit in unser Bewusstsein", schreibt Kermani.

Unterwegs hat Kermani auch den kroatischen Innenminister Ranko Ostoji getroffen, der in Trekkinghose aus seinem Dienstwagen stieg, und hat ihn gefragt, was passieren würde, wenn Deutschland seine Grenzen schließe. "Das geht nicht", antwortete der Minister. "Menschen, die so verzweifelt sind, können Sie nicht aufhalten. Wenn sie an der einen Stelle nicht durchkommen, suchen sie sich eine andere. Und wenn Sie Mauern errichten, bleiben sie vor den Mauern sitzen, bis wir den Anblick nicht mehr aushalten. Letztlich ist die einzige Möglichkeit, Flüchtlinge aufzuhalten, auf sie zu schießen. Niemand will das."