Frischer Fisch Promis mit Rute
Wir Angler leben ja in unserer eigenen Welt. Wenn wir einkaufen gehen, dann nur im Angelgeschäft um die Ecke. Wenn wir lesen, dann nur Zeitschriften wie den "Blinker" . Wenn wir Fernsehen schauen, dann nur Angelvideos wie "Spinnfischen am Nord-Ostsee-Kanal" oder Filme wie "Der weiße Hai". Ansonsten geht uns die Welt da draußen herzlich wenig an. Ich kenne einige Kollegen älteren Semesters, die halten Konrad Adenauer für den aktuellen Bundeskanzler, zahlen noch in D-Mark und haben innerhalb Berlins den Reisepass immer griffbereit.
Jüngere schalten dagegen durchaus mal die "Tagesschau" ein oder werfen einen Blick in die Klatschblätter ihrer Frau, deshalb ist ihnen ein Trend nicht entgangen: Immer mehr Promis angeln. Zum Beispiel: George W. Bush, Wladimir Putin oder Nicolas Sarkozy. Stellt sich für einen Menschen wie mich, der nicht im Interesse der Öffentlichkeit steht, die Frage: Was tun, wenn so einer plötzlich morgens am Fluss neben einem sitzt? Okay, die Herren Regierungs- und Staatschefs werden einem kaum begegnen. Und wenn, dann würden die sicherlich von mindestens einem halben Dutzend Leibwächter abgesichert.
Nein, ich denke zum Beispiel in punkto Angelnachbar an Miroslav Klose oder andere eingefleischte Petri-Jünger aus dem Bereich der Sport-Promis wie den früheren Bundesliga-Coach Klaus Augenthaler oder den ehemaligen Eishockey-Bundestrainer Hans Zach. Vom derzeit leider verletzten Bayern-Angreifer Klose ist ja bekannt, dass er zu seinen Bremer Zeiten gerne mal morgens um fünf Uhr an der Weser saß, selbst wenn er mit Werder am Tag zuvor einen langen Champions-League-Abend hinter sich gebracht hatte.
So rein aus der Anglerperspektive gesehen, war sein Wechsel zu den Bayern ja ein zweischneidiges Schwert. Einerseits kann er jetzt morgens noch eher raus, weil er ja nun europäisch meistens donnerstags um 16.15 Uhr im Uefa-Cup gegen irgendwelche obskuren Clubs antreten muss, andererseits wohnt er nun in München oder Umgebung, und als großartiges Angelrevier ist diese Gegend noch nicht aufgefallen. Da bot die Weser doch sicherlich einiges mehr an Angelvergnügen, der Fluss ist nicht zuletzt für seine ausgezeichnete Zander-Population bekannt.
Aber zurück zur Promi-Frage: Man sitzt also irgendwann am Fluss und plötzlich taucht Miro K. auf. Oder er sitzt gar schon auf unserem Lieblingsplatz. Was tun? Die erste, klassische Variante: Nichts anderes machen, als wenn ein völlig unbekannter Angler neben einem sitzen würde. Also: Sitzen. Schweigen. Ab und zu grimmig gucken. Bloß nicht grüßen, auch nicht durch kurzes Handheben. Nachteil dieser Vorgehensweise: Wenn Klose beim nächsten Länderspiel eine große Chance versiebt und der Reporter Johannes B. Kerner das "mangelnde Selbstbewusstsein" des Stürmers beklagt, könnten Sie sich schuldig fühlen.
Dann wäre vielleicht die zweite Variante etwas für Sie: Sitzen. Schweigen. Ab und zu rübergucken und anerkennend nicken. Falls Sie gerade die "Bild"-Zeitung mit der Schlagzeile "Super-Klose trifft für Deutschland" zur Hand haben: In seine Richtung gucken, drauf zeigen und den Daumen heben. Ohne Zeitung: Kurz seinen Trick von gestern Abend nachmachen und ebenfalls Daumen hoch. Aber nicht aufstehen. Und nichts sagen.
Möglichkeit drei, aber nur für exhibitionistisch veranlagte Angler: Sitzen. Rübergucken. Noch einmal rübergucken, ungläubig. Auf Klose zeigen und kreischen: "Mirooooo?". Freudestrahlend an den Kopf fassen. "Du bist es echt!", schreien, wenn man schon auf dem Weg zu ihm ist. Sofort und umfassend dessen zwei Tore im Uefa-Cup gegen einen der obskuren Clubs loben. Ein paar allgemeine Fragen stellen ("Was macht der Uli?" oder "Schon was gefangen?"). Den großen Rapala-Wobbler von ihm signieren lassen. Ihn schluchzend umarmen. Ihm Glück für das nächste Länderspiel wünschen. Ihn zum Abschied was mit auf den Weg geben ("Kannst du mal ein Autogramm von Johannes B. Kerner für meine Frau besorgen?").
Möglicher Nachteil dieser letzten Variante: Es könnte sich herausstellen, dass Klose das alles unangenehm ist, er eigentlich doch lieber nicht redet und seine Zitate der vergangenen Wochen ("Ich will alle Titel" etc.) nur vertraglich festgelegte Bayern-Floskeln waren. Falls Sie die Begegnung doch irgendwie glücklich hinter sich gebracht haben, demnächst die Taktik bei einem anderen Angel-Promi verfeinern. Am besten bei Klaus Augenthaler. Hans Zach, der "Alpenvulkan", ist nur etwas für Fortgeschrittene.
P.S.: Liebe Angelfreunde. Zu Recherchezwecken befinde ich mich im Ausland. Was ich dort erlebt habe, schildere ich in der Kolumne nach meiner Rückkehr. Seien Sie also gespannt, was ich am 17. Oktober zu berichten habe.