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Rückraumstar Hansen Der Turm von Kopenhagen

Mikkel Hansen wird in Dänemark wie ein Popstar gefeiert. Sein größter Fan, der Multi-Millionär Jesper Nielsen, stattete ihn jüngst mit einem Fünf-Jahres-Vertrag für AG Kopenhagen aus. Das "Handball-Magazin" stellt den neuen dänischen Nationalhelden vor.
Rückraumspieler Hansen: Dänemarks neuer Nationalheld

Rückraumspieler Hansen: Dänemarks neuer Nationalheld

Foto: Jens Wolf/ dpa
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Wer Popularität in Dezibel misst, muss bei diesem Mann nicht lange fahnden. Als sich AG Kopenhagen Ende Mai mit einem 30:21 gegen BSV Bjerringbro-Silkeborg den ersten dänischen Meistertitel der Vereinsgeschichte sicherte, registrierten sämtliche Messgeräte gewaltige Ausschläge. Im Nationalstadion Parken rastete die Weltrekordkulisse von 36.651 Zuschauern bereits vor dem Anpfiff aus.

In aufsteigender Reihenfolge ihrer Rückennummern kamen die AGK-Stars nacheinander aufs Parkett. Bei der Nummer 24 kannten die Fans kein Halten mehr und bewiesen: Mikkel Hansen ist der neue Held einer handballverrückten Nation. "Er ist gerade dabei, sich als bester Spieler in Dänemarks Geschichte zu positionieren", urteilt Jesper Nielsen, AGK-Chef und Hansens größter Fan.

Die Euphorie begann im Januar bei der Weltmeisterschaft in Schweden. Der 23-Jährige hatte nicht nur durch seine langen Haare und ein Tennis-Stirnband auf sich aufmerksam gemacht, mit 68 Treffern wurde er auch Torschützenkönig, ins All-Star-Team berufen und hatte den wohl größten Anteil an Dänemarks erster Teilnahme an einem WM-Finale seit 1967. Viele Experten sagten, er sei zu unrecht nicht zum wertvollsten Spieler des Turniers gewählt geworden. Diese Auszeichnung ging - diesmal noch - an den Franzosen Nikola Karabatic.

Vom "unglaublichen Handgelenk" des Mikkel H. hatte Nationaltrainer Ulrik Wilbek bereits vor Jahren geschwärmt. Nachdem Hansen 2007 mit GOG seine erste dänische Meisterschaft gewonnen und sich bei den Olympischen Spielen 2008 in Peking ins Rampenlicht geworfen hatte, wechselte er zum ruhmreichen FC Barcelona. Hier holte Hansen zwar zwei Pokaltitel und stand 2010 im Finale der Champions League, doch irgendwie kam er bei den Katalanen nie richtig an.

Von Barcelona zurück in die Heimat

Barca schien eine Nummer zu groß für ihn, und so kehrte der oft etwas in sich gekehrt wirkende Däne, der trotz seines imposanten Auftretens auf dem Feld ab und an wie ein sensibler Junge daherkommt, im vergangenen Sommer auf eigenen Wunsch in seine Heimat zurück.

In Spanien fehlte Hansen die Familie. Vor allem Vater Flemming, einst selbst dänischer Nationalspieler, ist eine wichtige Bezugsperson für ihn. Während der zwei Jahre im Ausland litt Hansen unter Heimweh und haderte auf dem Spielfeld oft mit sich. Er wirkte ab und zu wenig motiviert - irgendwie unausgeglichen. Zurück in Dänemark ist das ganz anders. So sagt sein Teamkollege Joachim Boldsen, der bereits in Barcelona an seiner Seite spielte, heute über ihn: "Mikkel ruht in sich selbst."

Ein anderer, der Hansen ebenfalls bestens kennt, ist Nielsen. Der AGK-Macher hat Hansen nach Dänemark zurückgeholt, weil er mit dem Verein Großes vorhat. "Wir möchten die beste Mannschaft der Welt werden", erklärt Nielsen. Für solche Ziele braucht es Spieler wie Hansen. "Mikkel ist die neue große Hoffnung im internationalen Handball. Er ist gerade 23 Jahre alt geworden, und wir wussten schon lange, dass er ein hervorragender Handballer ist", sagt Nielsen. "Er wird der Turm von AGK sein."

"Die Abwehr gewinnt Meisterschaften"

Das soll mindestens bis 2016 so bleiben, Hansen hat gerade seinen Vertrag verlängert. "Ich habe ein ganz enges Verhältnis zu Mikkel. Wir beide sind zwei wichtige Jungs in Dänemarks Handball-Zukunft und wir werden Arm in Arm gehen. Er auf dem Spielfeld und ich außerhalb", sagt der AGK-Chef und fügt hinzu: "Und wir werden dem dänischen Handball hoffentlich irgendwann den ersten Champions-League-Sieg bescheren."

Für einen jungen Mann wie Hansen ist das ein gewaltiger Druck, doch der Star geht damit bemerkenswert unaufgeregt um. "Da ich nicht der einzige Spieler mit internationaler Klasse bin, denke ich nicht, dass der Druck allein auf meinen Schultern lastet, sondern auf dem gesamten Team", sagt der Rechtshänder. "Wir haben es die ganze Saison über als Kollektiv bewiesen, dass wir sehr stark sind. Der Angriff verkauft die Eintrittskarten, aber die Abwehr gewinnt Meisterschaften."

Und was die ambitionierten Ziele seines obersten Vorgesetzten angeht, vertritt Hansen ebenfalls eine klare Linie. "Ich hoffe sehr, dass es Jesper gelingt, den besten Club der Welt auf die Beine zu stellen - immerhin habe ich gerade einen neuen Vertrag unterzeichnet", betont der Nationalspieler. "Wir sind jetzt dänischer Meister und Pokalsieger und haben bereits ein starkes Team. Es kommen weitere gute Spieler hinzu, also sind wir hoffentlich schon in der neuen Saison beim Final Four der Champions League dabei."

Hansen hat jetzt genug über die Zukunft geredet und verschwindet, um weitere Autogramme zu geben. Während seine Teamkollegen bereits frisch geduscht auf dem Weg zur Meisterfeier sind, trägt er immer noch sein Trikot und steht barfuß zwischen den letzten Fans, die im Parken ausharren. Seine Beliebtheit ist in solchen Momenten gewaltig. Mikkel Hansen fühlt sich wohl in dieser Welt. Dänemark ist zwar klein, aber AG Kopenhagen groß genug für ihn und seinen Erfolg.

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