Testosteron Mit dem Sexualhormon über alle Berge
Hamburg - Nun also Patrik Sinkewitz. Der T-Mobile-Profi soll bei einer Trainingskontrolle am 8. Juni einen 24-fach erhöhten Testosteron-Wert aufgewiesen haben. Sollte sich dieser mit der B-Probe bestätigen, droht ihm eine lange Sperre wegen Dopings. Erst vor kurzem war Astana-Fahrer Matthias Kessler des Testosterons-Dopings überführt und von seinem Rennstall entlassen worden. Auch beim Tour-Sieger 2006, Floyd Landis, war die verbotene Einnahme von Testosteron nachgewiesen worden.
Warum kommt das wichtigste männliche Sexualhormon unter Radfahrern wieder in Mode? Es eignet sich vorzüglich, um die Regeneration der müden Muskeln zu beschleunigen. Gerade nach den immer besseren Nachweis-Verfahren für Epo-Doping glauben Mediziner deshalb, dass Testosteron im modernen Radsport fast schon unerlässlich ist.
Es geht jedoch bei der Hormongabe nicht nur um eine schnellere Regeneration: Testosteron fördert daneben auch den Muskelaufbau, regt die Blutbildung an und stärkt das Gefühl von Power und Aggressivität. Wegen dieser leistungssteigernden Effekte ist das Hormon als Anabolikum eingestuft, die Verabreichung gilt als Doping.
Die Gabe von Testosteron kann so erfolgen, dass sie kaum nachzuweisen ist. Dazu klebt man beispielsweise ein handelsübliches Testosteronpflaster, wie es zur Hormon-Ersatztherapie bei Männern eingesetzt wird, auf den Hodensack und belässt es dort für etwa sechs Stunden. Die geringe Dosis reicht nicht aus, einen positiven Harnbefund beim Dopingtest zu erzeugen, aber der Körper spürt eine schnellere Erholung. Die psychische Wirkung des Sexualhormons ist nicht zu unterschätzen: Viele Sportler präsentieren sich nach der Einnahme wie entfesselt - etwa Landis vor einem Jahr bei seinem Ritt nach Morzine.
Als Verstoß gegen die Dopingregeln gilt ein Verhältnis der Konzentration von Testosteron zu Epitestosteron im Urin eines Athleten von höher als 4 zu 1. Proben mit einer höheren Konzentration müssen durch weitere Kontrollen überprüft werden. Durch Zuführung von Epitestosteron kann versucht werden, die Einnahme von Testosteron zu verschleiern. Deshalb verbieten viele Sportverbände die Anwendung von Epitestosteron als Maskierungsmittel für Testosteron.
Doch dank der unangekündigten Trainingskontrollen werden die Schlupflöcher für potentielle Sünder kleiner. Ex-T-Mobile-Fahrer Matthias Kessler war im April aufgeflogen, nun war die A-Probe von Sinkewitz positiv. Sollte die B-Probe den Verdacht bestätigen, dürfte Testosteron schnell wieder aus der Mode kommen.
hda/bri/dpa