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Doradenfilets mit Tumbet: Der Mallorca-Klassiker

Foto: Peter Wagner

Spanisches Bratgemüse ¡Ölé!

Wer auf Mallorca urlaubt, kann sich nicht nur über neue High-End-Gastronomie freuen. Auch die traditionelle Küche macht viel her. Wir verraten, was auf den Teller kommt - und baden für unser Fischgericht das Gemüse schon mal in Olivenöl.
Dieser Beitrag stammt aus dem SPIEGEL-Archiv. Warum ist das wichtig?

Nachdem wir die neue gehobene Mittelmeerküche, die gerade überall auf des Deutschen Lieblingsinsel Mallorca boomt, bereits gewürdigt haben, setzen wir uns heute an die Töpfe, aus denen der gemeine Mallorquiner seit Jahrhunderten gerne sein Essen schöpft. Besondere Raffinesse werden die Reisenden auf der Suche nach Authentizität zwar nicht finden. Satt aber werden sie allemal.

Die Kalorienattacke beginnt schon mit dem Cubierto. Ungefragt werden da in der Regel Brot, Oliven und eine bei echten Spaniern noch mit richtig viel Eigelb und Öl angerührte Aioli auf den Tisch gestellt. Nette Geste, möchte man meinen. Aber nur, bis diese Nettigkeit später mit drei Euro auf der Rechnung erscheint. Pro Person. Wer das nicht will: freundlich lächelnd ¡no gracias! sagen.

Wer nicht sicher ist, welche Vorspeise er wählen soll, macht mit einer Tapas-Mischung nichts verkehrt. Meist ist für jeden am Tisch, also auch für Vegetarier und Veganer, etwas Leckeres dabei in den kleinen Schüsselchen: diverse Croquetas (Kroketten) mit Fisch, Krebsfleisch, Huhn oder Käse, Frito mallorquin (Innereienpfanne), Chipirones (kleine frittierte Tintenfische), Patatas bravas (Kartoffelecken in scharfer Sauce), Albóndigas (Hackbällchen in Tomatensauce), Choricitos fritos (gebratene Mini-Chorizowürstchen). Auch spannende Kombinationen finden sich, wie etwa Sobrassada (Paprika-Streichwurst) in Blätterteig mit Honig oder Codorniz asada (gebratene Wachtelschenkel), meist auf pikant-süßsaurem Linsensalat.

Bei den Hauptgerichten sollte man einen Bogen um die Touristen-Paellas machen. Wo fast nur Mallorquiner sitzen, ist der Klassiker aber auf jeden Fall einen Versuch wert - ebenso wie Anguila (Aal) ,das Spanferkel aus dem Ofen mit seiner legendären Honigkruste (Porcella/Lechona) oder der sicherheitshalber in Hafennähe zu bestellende große Fisch-Eintopf Caldereta. Auch probieren sollte man sich an Trampó (Salat mit Spitzpaprika), schwarz-schlotzigem Tintenfisch-Risotto (Arroz negro) sowie an überteuerten, aber deliziösen Gerichten wie dem himmlischen Felsenfisch Cap Roig oder den roten Soller-Riesengambas.

Schmalzgeborene Nachtischsünden

Typisch für den Nachtisch ist neben Flan und Crema catalana (Crème brulée) vor allem die mit Glück nur mit Insel-Mandeln gebackene Tarta de Almendras. Wer davor noch ein Plätzchen im Magen findet, sollte als Zwischengang eine kleine Menge Fisch oder Fleisch mit Tumbet als Begleitung ordern. Dieser Schicht-Auflauf, meist aus Kartoffelscheiben, Auberginen, Paprika, Knoblauch, Käse und Zwiebeln, ist eine äußerst leckere Beilage und als große Portion eines der wenigen voll-vegetarischen Hauptgerichte der typischen Cocina Mallorquina.

Das Tumbet-Rezept verträgt natürlich auch Variationen. Zum Beispiel lässt sich bei einer größeren Menge Gemüsezwiebeln problemlos auf den Knoblauch verzichten. Das gilt auch für die Kartoffelscheiben, die - in Massen eingesetzt und am Ende komplett mit Olivenöl vollgesogen - gern die untere Basis dieses Gemüsetürmchens bilden. In der traditionellen Inselküche macht das absolut Sinn. Zumindest für alle, die jeden Tag ein Dutzend Gebirgsziegen, die sich in die Bucht von Estellencs verirrt haben, nacheinander wieder zurück auf den Gipfel des Galatzó hochtragen müssen.

Für alle anderen ist in unserer entschlackten Version der "Doradenfilets mit Tumbet" auch so ausreichend Tagesenergie enthalten. Wir sparen durch Zucchini statt Kartoffeln zwar an Kohlenhydraten, baden das Essen aber stilgerecht in Olivenöl, aus dem wir am Ende auch noch ein sämiges Sößchen montieren.

"Dorade" steht bei diesem Rezept übrigens stellvertretend für mittelgroße Mittelmeerfische aus dem jeweiligen "Catch of the day" des Fischhändlers. Und wenn der gerade keinen typischen Fang aus den klaren Gewässern rings um die Balearen hat, also in Sachen Serviola, Llampuga, Cantara oder Bargo die Hose runterlassen muss, gehen hier auch Filets von Wolfsbarsch oder eben Dorade - möglichst aber keine Zuchtware.

Rezept für Doradenfilets mit Tumbet (Kleines Hauptgericht für 4 Personen)

Vorbereitungszeit: 15 Minuten

Zubereitungszeit: 40 Minuten

Schwierigkeitsgrad: einfach

Zutaten

Tumbet

2 Zucchini (gelb oder grün)
2 große Gemüsezwiebeln
2 rote Spitzpaprika
1 sehr große Tomate (z.B. Cœur de bœuf)
300 ml natives Olivenöl
2 EL fein gehackter Rosmarin und Thymian
50 g fein geriebener Mahon-Käse (oder milder Manchego)

Sauce & Garnitur

3 Lorbeerblätter
0,5 TL Guarkernmehl (Reformhaus)
1 Zitrone
1 Prise Salz
4 Rosmarinspitzen

Doradenfilets

2 große Wildfang-Doraden
1 Prise schwarzer Pfeffer
1 TL mittelgrobes Meersalz
4 EL Olivenöl

Zubereitung

Tumbet

Das Gemüse waschen (Zwiebel schälen), alles in 1 cm dicke Ringe/Scheiben schneiden. Öl in beschichteter 22er-Pfanne auf 130 °C erhitzen, Temperatur möglichst konstant halten (z.B. mit Fleisch- oder Zuckerthermometer nachmessen). Zucchini 6 Min. im Öl confieren, abtropfen lassen, auf Küchenkrepp weiter entfetten, Tropföl in die Pfanne zurückgeben.

Als Nächstes nacheinander Zwiebeln und Paprika je 5 Min. confieren, entnehmen, entfetten. Tomaten 2 Min. confieren, entnehmen, Öl durch Haarsieb schütten, auffangen. Pfanne mit Krepp auswischen, Öl bereithalten.

Backofen auf 100 °C vorheizen. Gemüse mithilfe von Dessertringen auf Backblech zu Türmchen aufschichten: unten Zucchini, dann Zwiebeln, Paprika und Tomate. Käse und Kräuter auf den Türmchen verteilen. Sobald die Sauce fertig ist, Blech in Backofen schieben.

Sauce & Garnitur

Die Doraden, wenn nötig, abschuppen und filetieren, Filets bereithalten. Die Karkassen in 4 l Wasser mit den Lorbeerblättern 30 Min. auskochen, durch Sieb abschütten, Fond auffangen. 500 ml des Fond auf 250 ml einkochen, 100 ml des Confier-Öls und das Guarkernmehl einrühren. Bei mittlerer Hitze zu sämiger Konsistenz einkochen, Sauce mit Zitronensaft und Salz abschmecken.

Doradenfilets

Doradenfilets auf der Fleischseite mit Salz und Pfeffer würzen. Öl in beschichteter Pfanne erhitzen, Filets auf Hautseite einlegen, mit Topfboden beschweren und 3 Min. bei großer Hitze braten. Pfanne vom Herd ziehen, Topf abheben, Filets umdrehen und 3 EL des Confier-Öls einschwenken.

Anrichten

Backofengrill auf volle Kraft zuschalten und Tumbets 1-2 Min. überbacken - der Käse sollte geschmolzen sein, aber keine Farbe annehmen. Tumbets auf vier vorgeheizte Teller verteilen. Doradenfilets längs der Grätenreste teilen, anlegen. Sauce auf Teller verteilen, mit Rosmarinspitzen ausdekorieren und sofort servieren.

Küchen-Klang

Schön, dass die ehrwürdige spanische Latin-Rock-Band Jarabe de Palo pünktlich zu unserem Tumbet-Kochen ihr 1998er-Superalbum "Depende" (Galileo Music) in digital geschmackvoll überarbeitetem, aktuellem Sound neu veröffentlicht hat - inklusive unseres Lieblings-Sack-Softrockers "Vivo en un saco".

Getränketipp

Die Olivenölattacke braucht einen Weißwein-Counterpart mit straffer, lebhafter Säure, aber zugleich einem fruchtbetonten, mächtigen Körper. Beides vereint der nach "Blanc de noir"-Art aus roten Trauben weiß gekelterte Mallorquiner Castell Miquel "Monte Sion" Blanc de Negre 2013* - allerdings wird für ihn nicht Spätburgunder verwendet, sondern die typisch spanische Mourvèdre-Verwandte Monastrell, die sonst oft ein tristes Dasein als Verschnittzugabe fristet, hier aber zu großem Glanz vinifiziert wurde.


*Bezugsquellen

Castell Miquel "Monte Sion " Blanc de Negre 2013