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Konjunktur Export boomt, Schulden steigen

Er läuft und läuft – der boomende Export hat auch im Schlussquartal 2006 die Wirtschaft angeschoben. Die Neuverschuldung lag etwas niedriger als erwartet. Trotz alledem: Insgesamt ist der Schuldenberg der öffentlichen Haushalte so groß wie nie zuvor.
Dieser Beitrag stammt aus dem SPIEGEL-Archiv. Warum ist das wichtig?

Wiesbaden – Für Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU) war es ein angenehmer Vormittag: Er durfte sich wieder einmal sonnen in den Erfolgen des deutschen Außenhandels. Am Morgen hatte das Statistische Bundesamt bekannt gegeben, die deutsche Wirtschaft sei auch im vierten Quartal 2006 deutlich gewachsen. Damit wurde die vor gut einer Woche veröffentlichte Vorabschätzung bestätigt. Im dritten Quartal war die deutsche Wirtschaft um 0,8 Prozent, im zweiten Quartal um 1,2 Prozent und im ersten Quartal um 0,8 Prozent gewachsen.

Glos sagte hinterher, er gehe von einer weiterhin guten wirtschaftlichen Entwicklung in Deutschland aus. Lage und Perspektiven bei Einkommen und Beschäftigung hellten sich für immer mehr Menschen auf.

Das wirke sich positiv auf die Dynamik des Aufschwungs aus, der sich mehr und mehr selbst trage, befand der Minister. Vor allem kleine und mittelgroße Unternehmen im Dienstleistungssektor oder auf dem Bau hätten deutlich mehr Personal eingestellt, ließ er wissen.

Grund für das Wachstum war vor allem die sehr starke Entwicklung des Außenhandels. Der Anteil des "extrem dynamischen Außenhandels" an der Belebung sei deutlich größer gewesen als der der Binnenwirtschaft, so das Bundesamt. Im Inland hätten unter anderem erhöhte private Konsumausgaben für einen positiven Wachstumsschub gesorgt. Auch wuchsen die Investitionen in Bauten und Ausrüstungen – zugleich wurden aber Vorräte abgebaut, was die Inlandsdynamik wieder schmälerte.

1,49 Billionen Miese

Für das Gesamtjahr 2006 ergab sich ein Wirtschaftswachstum von 2,7 Prozent und kalenderbereinigt 2,9 Prozent. Dies war die beste Entwicklung seit dem Jahr 2000. Im Jahr 2005 hatte das deutsche BIP lediglich um 1,1 Prozent zugelegt. Derzeit erwarten Volkswirte, dass die deutsche Wirtschaft 2007 um rund 1,8 Prozent wachsen könnte.

Das kräftige Wirtschaftswachstum und die höheren Steuereinnahmen im vergangenen Jahr haben die Defizitquote Deutschlands stärker nach unten gedrückt als erwartet. Die Maastricht-Quote für 2006 betrug 1,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, wie das Statistische Bundesamt ebenfalls mitteilte. Noch Anfang Januar hatte das Amt einen Wert von 2,0 Prozent angenommen.

Damit wurde der im Euro-Stabilitätspakt festgelegte Grenzwert von drei Prozent für das Defizit von Bund, Ländern und Gemeinden erstmals seit 2001 wieder unterschritten. In absoluten Zahlen betrug das Finanzierungsdefizit rund 39,5 Milliarden Euro; es ist die Differenz der staatlichen Gesamteinnahmen von 1015 Milliarden Euro und der Ausgaben von 1054,6 Milliarden Euro. Der Fehlbetrag war damit rund sieben Milliarden Euro niedriger als zunächst geschätzt.

Aufgeteilt auf die staatlichen Ebenen betrug das Defizit beim Bund 34,9 Milliarden Euro und bei den Ländern 9,7 Milliarden Euro. Die Gemeinden und die Sozialversicherung schlossen das Jahr 2006 mit einem Überschuss von 1,2 Milliarden Euro beziehungsweise 3,9 Milliarden Euro ab. Für das laufende Jahr erwartet die Bundesregierung eine Staatsdefizit-Quote von 1,5 Prozent.

Am Mittwoch hatte das Statistische Bundesamt mitgeteilt, dass der Schuldenberg der öffentlichen Haushalte so hoch wie noch nie ist. Ende 20Maa06 standen Bund, Länder und Gemeinden mit insgesamt 1,49 Billionen Euro in der Kreide. Der Anstieg der Verschuldung verlangsamte sich aber und war mit 2,6 Prozent so niedrig wie seit fünf Jahren nicht. In den Jahren 2004 und 2005 waren die staatlichen Schulden noch um 5,2 beziehungsweise 3,8 Prozent gewachsen.

itz/ddp/Reuters/AP